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DJ Atifa Taxim über Stadtentwicklung„Kein weicher Standortfaktor“

Der Verein „Zuckerwerk“ sucht seit zwei Jahren einen Ort für Ateliers und Techno-Club. Im Interview erzählt ein DJ, was das mit „Gentrifizierung“ zu tun hat.

Geben keine Ruhe: Demo der DJs, Künstler und Akteure des Zucker-Netzwerkes. Bild: Zuckerwerk
Jean-Philipp Baeck
Interview von Jean-Philipp Baeck

taz: Herr Taxim, mit einer aktuellen Senats-Anfrage macht die SPD-Fraktion die Suche nach einem Ort für Ihren Techno-Club zur Sache in der Bürgerschaft. Bemerkenswert, oder?

Akifa Taxim: Ich finde es gar nicht so bemerkenswert, dass Politik und Stadt sich um Kultureinrichtungen kümmern. Das „Zuckerwerk“ ist in dem Sinne ja nicht nur ein Techno-Club.

Sondern?

Wir wollen einen alternativen Raum schaffen, an dem Ateliers und KünstlerInnen angeschlossen sind. Mit Partys kommt das Geld rein für Nischen-Projekte: Für Ausstellungen oder kleinere Konzerte. Techno an sich wird ja von vielen als Subkultur verstanden. Bemerkenswert ist daher eher, dass wir es sind, die nun ein wenig ins Rampenlicht gehen.

Inwiefern?

Ich möchte nicht das Wort „Underground“ bemühen, aber dieser Szene liegt eigentlich nichts an einer großer Öffentlichkeit. Man möchte keine Presse und sich lieber mit sich selbst beschäftigen.

Im Interview: Akifa Taxim

36, Akteur und DJ im Zucker-Netzwerk.

http://www.zuckerwerk.org.

Warum sorgten Sie dann in den letzten Monaten mit Demos und Aktionen für Aufmerksamkeit?

Weil wir seit zwei Jahren vergeblich nach einem geeigneten Ort suchen.

Ist das ein politisches Problem?

Für alternative Projekte wird es immer schwieriger, einen Ort zu finden. Die alten günstigen Hallen werden abgerissen, die Struktur der Stadtgesellschaft verändert sich. Da kommt man sehr schnell zum Thema Gentrifizierung und Recht auf Stadt.

Also, wie man leben will?

Genau: was die Gesellschaft an Kunst und Kultur haben will. Ob es nur Ruhe und schicke Häuser gibt, oder ob man auch mal ein altes Haus stehen lässt und von KünstlerInnen nutzen lässt.

Warum ist die Location-Suche so schwer?

Wir brauchen größerer Räume für Veranstaltungen und kleinere Räume für Ateliers und Büros. Es darf keine Wohnbebauung in der Nähe sein und sollte zentral sein, damit man auch unter der Woche Konzerte veranstalten kann, zu denen genug Gäste kommen. Bislang waren die Gebäude entweder total marode Spekulationsobjekte, deren Besitzer kein Interesse an einer Nutzung durch uns haben, oder neu und unbezahlbar. Dabei hätten wir nun ein geeignetes Gebäude im Holzhafen.

Und auch da gibt es Probleme …

Ja. Die Initiative Stadtbremische Häfen ist besorgt, weil wir keine typischen Nutzer sind. Sie wollen, dass der Holzhafen ein Industriegebiet bleibt. Dabei sehen wir uns doch eigentlich in einer Allianz: Auch wir wollen, dass die Wohnbebauung auf Abstand bleibt und sich niemand über Lärm beschwert.

Zählt die Nachtruhe der AnwohnerInnen nicht?

Im Holzhafen hätten wir das Problem nicht. Und ansonsten wohnen wir nun mal in einer Stadt. Wer Ruhe haben will, sollte nicht über eine Kneipe ziehen.

Gewerbevertreter im Holzhafen befürchtet auch Drogenkonsums und Vandalismus bei Ihren Techno-Partys.

Unser Publikum macht keine Randale und Drogen sind ja nun ein gesamtgesellschaftliches Problem. Der Vorwurf ist unfair, das sind Vorurteile. Wenn es im Holzhafen nicht klappt, habe ich wenig Hoffnung. Es wäre auch schade um das Geld …

Welches Geld?

Wir sind Gewinnerprojekt bei einem Wettbewerb der Kreativwirtschafts-Förderung: Seit einem Jahr könnten 100.000 Euro für Investitionen abgerufen werden – um in eine Halle Lüftungs- und sanitäre Anlagen einzubauen und einen Club daraus zu machen. Uns fehlt nur die Location.

Ihr gutes Anliegen sieht nun auch die Politik. Es wird ein Standortnachteil befürchtet, wenn Sie abwandern …

Ich finde diese Logik problematisch. Es tut der Kultur und Kreativität nicht gut, wenn sie nur noch als weicher Standortfaktor gesehen wird und auch selbst anfängt so zu agieren. Das Argument sollte nicht das Stadtmarketing sein, sondern dass wir kulturelle, soziale Arbeit in einem alternativen Raum machen, der viel mehr ist als eine normale Disko.

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5 Kommentare

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  • T
    Tim

    Im Gentrifizierungsprozess wird der Mehrwert den die Künstler_innen erschaffen enteignet. Er wird ihnen weggenommen, wie allen Arbeitenden im herrschenden System. Das Prblem heißt nicht Stadtaufwertung. Das Problem heißt Stadtaufwertung im Kapitalismus.

  • T
    Tomte

    Erstmal sollte sich Herr Atifa Taxim mal klar machen dass nach der Gentrifizierungstheorie gerade Projekte wie das Zucker ein Teil des Problems sind. Desweiteren ist das Foto mit dem Transparent auf dem steht "Kein Dach über dem Kopf" in Anbetracht der Wohnungsnot in Bremen gerade zu Ignorant.

    Die ausweichende Antwort im Bezug auf das Drogen Thema ist auch etwas fragwürdig, wer mal im Zucker gewesen ist, weiß wie offen dort mit Drogen umgegangen wurde. Ich habe dort 15! Jährige auf MDMA gesehen. Das spricht nicht generell gegen das Zucker aber dafür das eine klare Positionierung notwendig ist und keine Verharmlosung!

    • PZ
      pro ZUCKER
      @Tomte:

      Die suche nach einem Club ist denke ich nicht vergleichbar mit der Suche nach Wohnungen in (im gegensatz zu der Club Location) einem Wohngebiet.

      Dein Kommentar zu den Drogen ist auch sehr oberflächlich betrachtet. Aber darauf kann man noch oberflächlicher Antworten: Was ist dir lieber, betrunkene aggressive Gäste der Disco Meile die sich Prügeln und Vandalieren oder Technofans die etwas zu sich nehmen das zwar verboten ist jedoch friedlich und harmonisch miteinander feiern ?

       

      Also überdenk doch bitte noch mal deine Sicht der Dinge ;)

       

      Außerdem ist Subkultur die Kultur die eine Stadt lebendig, Bunt und liebenswert macht!

    • WN
      will neues zucker
      @Tomte:

      @ tomte: die treibende kraft hinter gentrifizierungs-prozessen sind die logiken des finanz-/immobilienmarkts. (sub-)kultur ist da immer nur beiwerk/begleiterscheinung. die überseestadt ist doch eh schon unter großen investoren und der alten hafenbetrieben aufgeteilt. wie sollte die ü-stadt durchs zucker bitte noch weiter aufgewertet werden? wäre es nicht viel schlimmer wenn durch projekte wie das zucker z.b. gröpelingen cooler wird, dann da alle mit kohle hinziehen wollen und die alteingessesenen vergrängen?

      und ganz allgemein: wenn nun auch (endlich) das zucker auf das thema getrifizierung kommt ist das doch gut, oder? hat ja lang gedauert...

      und drogen: wieso sollte sich jetzt speziell das zucker dazu öffentlich äußern? nach meiner wahrnehmung gab es eine recht starke "anti-drogenhaltung" im zucker von seiten der veranstalter.

      wieso wird nicht zb dem schlachthof mal die frage nach "15 jährigen auf mdma" gestellt"? gehen die mit den jungen leuten ins gespräch darüber was sie sich antun wenn sie sich die birne zumachen? ich weiß es nicht? im zucker war das der fall.

      • TD
        Tomte der 2.
        @will neues zucker:

        Natürlich betrifft das Drogen "Problem" auch ander Orte (und nicht nur Subkulturelle) insbesondere auch den Schlachthof. Aber das Interview bezieht sich nun mal aufs Zucker wieso sollte dann hier über den Schlachthof geredet werden. Das Drogen ein gesamtgesellschaftliches Problem sind ist klar und es liegt nicht in der Verantwortung des Zuckers dieses zu lösen. Aber Tomte hat schon recht wenn er vom Zucker eine klare Positionierung einfordert.

         

        @Pro Zucker

        Deine Argumentation ist sehr schwach! Nur weil Alkohol scheiße ist (vor allem wenns ausufert) rechtfertigt das doch noch lange nicht nicht andersweitigen Drogenkonsum. Tomte hat auch gar nicht gesagt das er jegliche Art von Drogenkonsum verurteilt, er hat nur von "15 Jährigen auf MDMA" gesprochen. UND VERDAMMT NOCHMAL DAS IST EIN PROBLEM!