DIREKTOREN DER WELTBANK DÜPIEREN DAS EIGENE MANAGEMENT: Förderlicher Eklat
Seit langem bedienen sich etliche diktatorische Regime bei der Weltbank mit Krediten und ignorieren bei den Projekten Menschenrechte, Umweltschäden und den Kampf gegen die Armut. Jetzt wurde China, dem größten Kunden der Bank, von den Direktoren gegen den Willen des Managements indirekt ein Kredit verweigert. Unter Berufung auf die bankeigenen Richtlinien stellte das Direktorium den Chinesen so viele Bedingungen, dass das Land den Antrag wütend zurückzog. Das Direktorium düpierte damit nicht nur China, sondern auch das eigene Management. Das ist ein Novum in der Geschichte der wichtigsten internationalen Entwicklungsbank.
Der Zwist, der damit heraufbeschworen wird, weist weit über den Einzelfall China hinaus. Vor zehn Jahren hat die Weltbank sich die derzeit gültigen Richtlinien gegeben. Äußerungen wie die von Weltbankpräsident James Wolfensohn, man habe damals nicht daran gedacht, dass sie einmal dem Buchstaben nach eingehalten werden sollen, sind – buchstäblich – unverschämt. Regierungsunabhängige Organisationen weisen seit langem darauf hin, dass diese Richtlinien nicht eingehalten werden und dass Millionen Menschen ohne Entschädigung umgesiedelt, ihre Wälder, Flüsse, Ländereien – ihre Lebensgrundlage – vernichtet, verseucht, zerstört werden. Das Management der Bank setzte sich bislang immer wieder darüber hinweg – das Direktorium schwieg, zumindest öffentlich. Mit der jetzigen offenen Konfrontation haben die Direktoren, die die 181 Staaten als Anteilseigner vertreten und die politische Führung der Institution darstellen, klargemacht, dass sie diese Ignoranz im eigenen Haus nicht mehr akzepieren. Allen Regierungen, nicht nur der chinesischen, ist damit ein Wink gegeben worden, dass die Zeiten der ungehinderten Selbstbedienung im Entwicklungshilfetopf vorbei sind.
Mit Blick auf die anstehende Debatte über eine Definition der Aufgaben von IWF und Weltbank im Herbst bleibt zu hoffen, dass das Direktorium das Heft nun in der Hand behält und sich überlegt, wie die Einhaltung der Richtlinien grundsätzlich gewährleistet wird – und welchen Reformen das Management der Bank aus diesem Grunde unterzogen werden muss. Es kann nicht die Aufgabe unzähliger Gruppen sein, einer Institution mit 7.000 Experten hinterherzulaufen und ihr immer wieder nachzuweisen, dass ihre Experten Ignoranten sind. Die Weltbank muss selbst darauf achten, die eigenen Richtlinien einzuhalten, sonst kann sie ihr erklärtes Ziel, die Armut zu bekämpfen, gleich aus dem Programm streichen. MAIKE RADEMAKER
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