DIE ZUKUNFT DER BAHN LIEGT ZWISCHEN PRIVATER UND ÖFFENTLICHER HAND : Es gibt einen dritten Weg
Wer in Großbritannien unterwegs ist, kann künftig auf ein neues Verkehrsmittel umsteigen: die im Jahre 1825 erfundene Eisenbahn. Zuletzt vergrätzten sagenhafte Verspätungen, vergammelte Züge und reihenweise Entgleisungen auch noch die letzten Kunden dieses einst hochgelobten Verkehrsmittels. Jetzt ist zumindest in einem Punkt ein Hoffnungsschimmer in Sicht: Der Unterhalt des maroden Gleisnetzes geht zurück in eine Hand, die ausschließlich im öffentlichen Interesse handeln soll. Diese überfällige Entscheidung ist eine Konsequenz daraus, dass sich mit der Gleis-Unterhaltung kaum Geld verdienen ließ. Daher ließen die privaten Betreiber das Netz vergammeln.
Ein Beweis also für die beliebte These, dass Privatisieren des Teufels und der öffentliche Dienst ein Hort des Guten ist? Nicht ganz. Die British-Rail-Privatisierung ist ein Musterbeispiel dafür, wie man es nicht machen darf. Aber das spricht noch lange nicht gegen private Konkurrenz als solche. Nur weil ein Wasserhahn tropft, steht schließlich auch nicht die Rückkehr zum Ziehbrunnen an.
Die Trennung von Bahnnetz und Zugbetreiber bleibt in Großbritannien erhalten. In Deutschland hat man damit gar nicht erst angefangen. Auf Druck der übermächtigen Bahn AG sind die Schienen in deren Besitz geblieben. Das freut Bahnchef Mehdorn, aber es verärgert die privaten Bahn-Gesellschaften. Wie sollen diese konkurrenzfähige Angebote machen, wenn der Fast-Monopolist über Fahrtzeiten und Preise für den Zug entscheidet? Es ist deswegen nicht verwunderlich, dass die Bahn im Fernverkehr keine Konkurrenz fürchten muss. Nur: Sinnvoll für den Bahnkunden ist das nicht.
Es kommt auf die Rahmenbedingungen an: Wer das Netz ausschließlich in den Dienst privater Profitinteressen stellt, darf sich über häufige Zugunglücke nicht wundern. Wer die Gleise dem Zugbetreiber überlässt, nimmt die Bildung von Monopolen in Kauf. Es gibt einen dritten Weg: Die öffentliche Hand sichert das Netz, private Unternehmen fahren die Züge. Die Briten haben Jahre bis zu dieser Lösung gebraucht. Die Deutschen haben mal wieder Verspätung. KLAUS HILLENBRAND