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Archiv-Artikel

DIE WTO SIGNALISIERT ARMEN LÄNDERN ZUGESTÄNDNISSE. DAS TÄUSCHT Kurzsichtige PR-Aktion

Kurz vor der Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Hongkong signalisiert diese noch schnell, dass sie die Probleme der Entwicklungsländer ernst nimmt. Erfordert es der Gesundheitsschutz der Bevölkerung, dürfen sie nun offiziell Patente von Pharmakonzernen brechen und billige Nachahmermedikamente aus Drittländern importieren. Damit sollen Aids oder Malaria auch in den Ländern behandelt werden können, für die patentgeschützte Medikamente zu teuer sind.

Das Signal ist so wichtig für die WTO, weil die Konferenz in Hongkong im Rahmen der so genannten Entwicklungsrunde stattfindet. Bislang haben sich aber just die Entwicklungsländer einem neuen Handelsabkommen verweigert, weil sie das Thema Entwicklung nirgends berücksichtigt sehen – sei es beim Agrarhandel oder bei der Marktöffnung für Industriegüter und Dienstleistungen. Jetzt haben die Länder des Südens wenigstens in der strittigen Frage des Patentschutzes ein Bonbon bekommen. Oder vielleicht eher eine bittere Pille. Die Regel, dass Entwicklungsländer bei Gefahr für die öffentliche Gesundheit Generika auch importieren dürfen, gilt übergangsweise schon seit 2003. Nur wurde sie bisher kein einziges Mal angewendet. Zu kompliziert, zu hoch die rechtlichen Hürden, zu groß der Druck der Pharmakonzerne. Dennoch haben USA und EU durchgesetzt, dass sie just in ihrer bisherigen Form zum dauerhaften Bestandteil der WTO-Regeln wird. Gerade weil die Regel in der Praxis nicht angewendet wird, tut sie den großen Konzernen der Industrieländer auch nicht weh.

Für die Entwicklungsländer mag die Einigung unbefriedigend sein – sie zurückzuweisen, können sie sich kaum leisten. Ohnehin ist das WTO-Patentabkommen längst verabschiedet. Bei neuen Abkommen dürften die Entwicklungsländer aber vorsichtiger sein und entwicklungsfeindliche Regelungen von vornherein verhindern, auch wenn sie damit jeglichen Verhandlungsfortschritt blockieren. Die reichen Ländern schaden mit ihrer Haltung also nicht nur den Kranken in armen Ländern, sondern auch sich selbst. NICOLA LIEBERT