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DIE WAHRHEITHansdampf im Recall

Der katholische Spitzenfeuilletonist Matthias Matussek beim Kammerdiener-Casting des Papstes in Rom.

Der designierte Diener: Matthias Matussek Bild: SWR

„Wenn das der Geißler erfährt“, freut sich Matthias Matussek. „Der fällt doch tot um vor Neid.“ Denn im Gegensatz zu seinem ewigen Talkshow-Rivalen hat es der tief gläubige Kulturjournalist und Buchautor („Das katholische Abenteuer“) tatsächlich geschafft: Er ist zum Recall in den Vatikan geladen.

Dort soll heute die vakante Stelle des päpstlichen Kammerdieners besetzt werden, denn das alte Faktotum Paoletto ist bekanntlich im Dienst leck geschlagen und wartet nun in den Verliesen der Engelsburg auf den Abdecker. Vor einer hochkarätig besetzten Kommission müssen sich die Kandidaten in verschiedenen Disziplinen messen: Neben alltäglichen Aufgaben wie Mitra bügeln, Hostien backen und Krummstab polieren gehören auch Orchideenfächer wie Reliquienkunde, die Beschau des Heiligen Stuhls und klerikale Etikette zum Prüfungsstoff.

„Ein schismatischer Gegenpapst hat sich zum Abendessen angekündigt. Wie reagieren Sie?“, wird etwa ein Bewerber gefragt, dessen Antwort („Ich rufe zum Gesindekreuzzug auf.“) jedoch im allgemeinen Gelächter untergeht. „Richtig gewesen wäre: Ich bestelle einen Tisch für zwei Personen bei Giovanni und sage alle Termine des nächsten Tages ab“, raunt Matussek, der mit den Trinksitten der Kurie bestens vertraut scheint und bereits mit der Antwort glänzen konnte, dass Weihwasser niemals geschüttelt, sondern immer gerührt serviert werden muss.

Den Vorsitz über die Auswahlkommission führt die ehrwürdige Mutter Hedwiga von den „Dracones Iesu Christi“, einer Ordensgemeinschaft, die für rigorose Haushaltsdisziplin wie für ihre spirituelle Hinwendung zum Wischmopp bekannt ist und im Kirchenstaat eine strenge Feudel-Herrschaft ausübt. Gerade eben hat sich ein soigniert wirkender Tscheche, der zuvor den englischen König bedient haben will, beim Vorbereiten eines rustikalen Abendmahls disqualifiziert: Seine Hostie pflegt der bayerische Papst nämlich privatim stets mit zwei Fingerdick Leberkäs belegt einzunehmen.

„Der Heilige Vater wünscht, sich zur Ruhe zu legen. Wie bereiten sie sein Gemach vor?“, lautet die nächste Prüfungsfrage. Unschlüssig wendet ein junger Schweizer die päpstlichen Kuscheltiere „Pontifex“ und „Maximus“ in den Händen: „Engel rächts, Teufli links, oder?“, entscheidet er und positioniert sie liebevoll neben einer lebensecht aufgebahrten Replik von Benedikt XVI. „Er hat vergessen, unter dem Bett nachzuschauen“, feixt Vatikan-Insider Matussek. „Man muss immer nachschauen, ob sich nicht ein Lutheraner unterm Bett versteckt, sonst kann der Heilige Vater nicht einschlafen.“

Und tatsächlich runzeln einige Juroren bei der Performance des Schweizers die Brauen, doch als er vor der Bettstatt niederkniet und mit samtener Stimme den gregorianischen Schlafchoral „La le lu, unser aller Papst bist du“ anstimmt, kommen sogar der gestrengen Hedwiga beinahe die Tränen.

Matussek ficht das nicht an. Seit der umtriebige Feuilletonist in einer abgelegenen Marktnische von einer Marienerscheinung heimgesucht wurde, drängt es den Verkünder eines neuen „Hurra-Katholizismus“ (C. Nürnberger) unablässig in die Nähe des römischen Machtzentrums. Den Job als Kammerdiener des Papstes sieht der ehrgeizige Laie aber eher als Sprungbrett. „Wenn man in so einem Laden mal den Fuß in der Tür hat, geht’s meist auch weiter. Das war beim Spiegel doch ganz genauso. Da sollte ich ursprünglich auch bloß die Papierkörbe ausleeren. Bei meinen Fähigkeiten bin ich hier in ein paar Jahren Kurienkardinal. Mindestens“, setzt er mit wölfischem Lächeln hinzu.

Doch zuvor muss Matussek die Auswahlkommission von seinen liturgischen Fähigkeiten überzeugen. Das alte Ministrantenhemd aus Kindertagen sitzt zwar etwas spack am Leib, die Arbeit am Weihrauchfass aber beherrscht der allerkatholischste Hansdampf noch immer: die doppelgeschraubte Johanna, den angelupften Hieronymus mit Kettenzwirbelung und sogar den dreifach angetäuschten Golgatha, in Fachkreisen auch „Priesterbrecher“ genannt. „Gelernt ist eben gelernt“, strahlt der bubenhaft wirkende Endfünfziger und balanciert das dampfende Turibulum auf seiner Nase, doch die päpstliche Auswahlkommission kann er damit nicht überzeugen. In der B-Note hagelt es deutliche Kritik: Zu pompös, zu selbstverliebt sei der Auftritt gewesen, zu viel Theaterdonner und zu wenig intellektuelle Durchdringung des Stoffes, von „provinzieller Erstarrung“ und „Dorfkirchenniveau“ ist gar die Rede.

Die Bewerbung endet im Eklat beziehungsweise wie jeder Fernsehauftritt Matusseks: Er greint, er tobt, er schimpft, er wirft sich auf den Boden und trommelt mit den Fäusten. „Was soll das heißen: ’Es gebricht mir an christlicher Demut‘? Wissen Sie überhaupt, wer ich bin?“, schleudert er im Hinausgehen einem alten, weißhaarigen Mann entgegen, der sich bisher im Schatten einer Säule gehalten hatte. Doch der zuckt mit den Schultern und schaut hilfesuchend seinen Privatsekretär Georg Gänswein an.

„Das ist Matussek, Heiliger Vater.“ – „Ach“, sagt der und kichert.

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8 Kommentare

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  • ND
    Niels Dettenbach

    "auf dem Kasten"? Naja, auf dem Kerbholz vielleicht schon eher - aber egal. Muß man diesem selbsterklärten Feindes jedweden Verstandes wie deren Verwender denn allen Ernstes immer noch und wieder in den Massenmedien huldigen? Oder lädt man ihn gerade "deshalb" ein, weil er - wie wenige andere - öffentlich bereit ist, seine religiös bedingten frühkindlichen Zwangsneurosen ungehemmt auszufeiern - als Komiker aus der staatschristlichen Mottenkiste?

     

    Es gibt doch inzwischen mehr als genug "einschlägige Spartenmedien", in denen Typen a la Matussek allen Ernstes noch nickende Konsumenten finden, denen er "seinen" Katholizismus auf die Nase schrauben kann - zB K-TV, Bibel TV oder die Missionsversuche des Missionswerk Karlsruhe auf Tele 5.

     

    Das man aber solchen Leuten immer wieder eine große Bühne in den Massenmedien gibt, lässt eher auf deren Qualität als auf Matussek's Pseudointellekt schließen.

     

    Ich habe deshalb nur eine Bitte: journalistisch begraben!...

  • S
    Schwesterchen

    Was genau will der Autor uns sagen? Grübel.. dass ein Herr Matussek ein devoter Dummkopf ist, weil er für seine Überzeugungen geradesteht? Diese Botschaft wird nicht durchdringen, fürchte ich. Dafür hat der Mann zuviel auf dem Kasten. Egal, ich freue mich einfach an dem Bild, denn er schaut verdammt gut aus!

  • P
    peripatus

    Verzweifelt sucht man in allen Zeitungen , Magazinen und Blogs nach einem flammenden Artikel Mattias Matusseks zur Rettung oder zumindest Verteidigung des Ponifäk maximus, dessen Würde und weiße Soutane durch das Schundblatt Titanic so arg besudelt wurde.Könnte es sein, daß Mattussek noch immer oder schon wieder als Fachexeget und Dauergast erschüttert in einer der zahlreichen Talkshows sitzt und einfach keine Zeit mehr zum Schreiben hat.

  • F
    fuiax

    Hat es die Fettbacke auch in die TAZ geschafft ...

  • HD
    Hans Doevel

    Hihi, die taz ist ja fast so lustig wie die Titanic. NICHT LUSTIG. Da müsst ihr aber wirklich in Zukunft noch an euch arbeiten.

    Macht doch zusammen mit den Titanic-Redakteuren ein Humor-Seminar oder lasst euch Hagen Rether ins Haus kommen.

  • E
    Exministrant

    @Klaus Leder: Also ich find's ziemlich lustig.

  • G
    großmeister_b

    Respekt, dass jemand es schafft, mit der Person Matussek's einen amüsanten Artikel zu schreiben.

    Für mich ist er nur ein unamüsanter Selbstdarsteller.

  • KL
    Klaus Leder

    Ist das jetzt Satire? Oder lautet das Thema: menno, der Matussek hat als Publizist mehr Erfolg gehabt als ich und das ist doof? Oder hat die namentlich von den Eltern religiös gebranntmarkte Mitschwester Bartel (als Christian getauft zu werden ist ja brutaler als Kindsbeschneidung!) einfach schlechten Stuhlgang?