DIE UNO IST HILFLOS ANGESICHTS DES KRIEGES AM HORN VON AFRIKA: Embargo ohne Wert
Da werden Äthiopien und Eritrea aber zittern. Ein Waffenembargo hat der UN-Sicherheitsrat verhängt – befristet auf ein Jahr. Zwei Jahre lang haben die großen Waffenexporteure der Welt, von China über Russland und Bulgarien bis zu Italien, Frankreich und Israel, fröhlich Kriegsmaterial ans Horn von Afrika geschaufelt und damit einen Konflikt am Leben gehalten, dessen Blutzoll dem der Schlachten des Ersten Weltkriegs gleicht. Beim jüngsten Ausbruch von Kämpfen diese Woche waren die Arsenale beider Länder zum Bersten voll. Ein Jahr Einlassverbot auf den Rüstungsmessen der Welt wird also weder Äthiopien und Eritrea empfindlich treffen. Vielmehr können sich die beiden Länder in dieser Zeit sogar damit brüsten, die knappen Devisen nicht für Waffen statt für Lebensmittelimporte ausgegeben zu haben.
Der Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea hat in den letzten Tagen eine Eigendynamik bekommen, die wohl jedem diplomatischen Druck standhält. Äthiopien hat die eritreischen Linien durchbrochen, steht tief auf eritreischem Gebiet und kontrolliert wichtige Ortschaften. Hunderttausende Eritreer sind auf der Flucht. Das prekäre Gleichgewicht zwischen zwei Armeen, das den Krieg seit seinem Ausbruch im Mai 1998 als lokales Blutbad von eher begrenzter internationaler Ausstrahlung erscheinen ließ, scheint zu kippen. Damit drohen nicht nur politische Erschütterungen unbekannten Ausmaßes, sondern auch neue humanitäre Katastrophen in einer Region, die ohnehin schon wegen Lebensmittelknappheit zum Empfänger massiver humanitärer Hilfe geworden ist.
Sicherlich werden weder UNO noch andere Organisationen davon Abstand nehmen, die vielen neuen Kriegsopfer ebenso gut zu versorgen wie die Dürreopfer. Aber je mehr die Hilfswerke helfen, desto mehr nehmen sie den Krieg führenden Regierungen die Bürde ab, die Folgen des Krieges selbst schultern zu müssen, und greifen ihnen damit massiv unter die Arme. Auch mit Lebensmittelhilfe kann man Konflikte verlängern.
Die Kriegsfront zwischen Äthiopien und Eritrea wäre ein idealer Ort gewesen, um eine international überwachte Pufferzone einzurichten, die von gut ausgestatteten UN-Truppen überwacht wird. Ein solcher UN-Einsatz wäre leichter als der bestehende in Sierra Leone oder der geplante im Kongo. Die äthiopischen und eritreischen Regierungen wussten schon, warum sie sich seit anderthalb Jahren nicht auf eine solche Internationalisierung des Konflikts einlassen wollten. Aber warum machten sich die Mitglieder des Sicherheitsrats nicht schon in dieser Zeit Gedanken über Sanktionen, statt sie erst dann zu verhängen, wenn sie wirkungslos sind? DOMINIC JOHNSON
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