DIE STIMMEN DER ANDEREN :
Dnevnik (Slowenien)
Der neue arabische Protest
Das einfache Schema – diktatorische Regime auf der einen und bewaffnete Gruppen islamistischer Parteien auf der anderen Seite – ist nicht mehr die einzige Option. Zwischen diesen beiden Kräften, die sich gegenseitig mit Panzern und Selbstmordattentätern kontrolliert haben, hat sich eine Gesellschaft mit einem völlig neuen Gesicht entwickelt. Die aktuellen Demonstranten sind Teil der modernen Gesellschaft, sie sind die Generation der Blogger und Handynutzer. Alle Proteste haben eine überraschende Neuigkeit gemeinsam. Nirgendwo brennen US-amerikanische und israelische Fahnen, sondern man schwenkt die eigene Fahne.
ABC (Spanien)
Mubarak ist nicht Ben Ali
Die Menge hat es gewagt, sich der Polizei im Zentrum der Hauptstadt entgegenzustellen, wo es eine viel größere Anzahl an relevanten Medienvertretern gibt als in Tunis. Auch wenn es einfach ist, Parallelen zu Ben Ali zu ziehen, sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass sich Mubarak eher mit Ceausescu vergleichen lässt: ein Autokrat, dem es gelungen ist, sich als unser Freund in der Region auszugeben.
Süddeutsche Zeitung
Ben Ali im saudischen Exil
Es ist bereits ein Witz, dass der Verfolger der Islamisten bei den Wahabiten Zuflucht suchen muss. Noch dazu erwarten die Saudis von Staatsgästen, dass sie die Moschee besuchen. Ihre Frauen tragen dabei Vollschleier. Jemand wie Leila Trablesi [Ben Alis Ehefrau] könnte darunter noch mehr leiden als unter Geldverlust.
La Stampa (Italien)
Ende der US-Realpolitik?
Barack Obama geht auf den Wunsch der tunesischen Demonstranten nach Freiheit ein und warnt den ägyptischen Staatschef Husni Mubarak vor Gewalt gegen die Protestierer in seinem Land. Das Weiße Haus hat die Nacht der Erklärung des Präsidenten zur Lage der Nation gewählt, um die arabische Welt dieses wissen zu lassen: Der Präsident steht auf der Seite all derer, denen es um die Achtung der „universellen Rechte“ geht, auf die sich auch die USA stützen. Sich für Reformen in der arabischen Welt einzusetzen, ist sozusagen in der DNA dieser US-Regierung verankert. Und die Phase der „Realpolitik“ den Diktatoren gegenüber scheint jetzt auf die Seite gedrängt zu sein.
Die Presse (Österreich)
Horrorvision des Westens
Ägypten ist eines der wichtigsten arabischen Länder. Es steht im „Kampf gegen den Terror“ an der Seite der USA. Und es grenzt an Israel und den von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas beherrschten Gazastreifen. Die Horrorvision der USA und vieler europäischer Staaten: In Ägypten könnten Islamisten an die Macht kommen, die offen eine feindselige Politik gegenüber dem Westen und Israel betreiben. Mubarak wusste stets, diese Ängste zu schüren und sich als einzige Alternative zu präsentieren.
El País (Spanien)
Geordnete Ablösung
Präsident Husni Mubarak hat alles getan, sich an den Rand des Abgrunds zu manövrieren. Er will seinen Sohn zum Nachfolger machen, er hat reihenweise die Wahlen gefälscht, sich ein Parlament von Ja-Sagern zugelegt und die Opposition mundtot gemacht. Ägypten braucht sofortige demokratische Reformen. Diese sollten mit einer geordneten Ablösung Mubaraks beginnen.
Jyllands-Posten (Dänemark)
Falsche Alternativen
In der arabischen Region mit 350 Millionen Menschen sind 60 Prozent der Bevölkerung jünger als 25. Sie sind frustriert und zornig über autoritäre Regimes, die keine Reformen wollen. Die keine Jobs schaffen und die Kluft zwischen Armen und Reichen täglich größer werden lassen. Die Menschen wollen Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Sie wollen Korruption und brutale Behörden nicht länger tolerieren. Die Tage der Tyrannei in Nahost sind gezählt. Diese Botschaft geht auch an die westlichen Länder, die die autoritären Regierungen gestützt haben. Viel zu lange haben die USA und Europa geglaubt, dass die einzige Alternative zu den brutalen Regimes islamistischer Terror ist.