DIE SPD-LINKE HAT RECHT, NUR INTERESSIERT ES NIEMANDEN : Richtige Analyse ignoriert
Die SPD-Linken werden heute im Parteivorstand scheitern – aber das kommt nicht überraschend, sondern hat Tradition. So haben die Linken bereits vor vier Jahren als „Weg aus der Krise“ gefordert, man müsse mehr staatliches Geld in die Kommunen pumpen und dafür höhere Neuverschuldung akzeptieren. Doch die SPD entschied sich für das Gegenprogramm. Sie folgte lieber ihrem Finanzminister Hans Eichel, konsolidierte den Haushalt und senkte die Steuern. Wenig später florierte die New Economy, von den Linken war wenig zu hören. Im Miniboom schien es, als hätte sich eine nachfrageorientierte Politik erledigt.
Für die SPD-Parteispitze hat sich daran bisher nichts geändert – obwohl das Wachstum ausbleibt und die Arbeitslosenzahlen auf neue Rekorde zustreben. Dennoch könnten die Linken etwas paradoxe Argumentationshilfe erhalten. Ausgerechnet die konservativen Republikaner in Washington haben das neoliberale Dogma aufgekündigt, dass Staatsschulden unbedingt zu vermeiden sind. Stattdessen wird der US-Haushalt systematisch in die Miesen gedrückt, um das Wachstum zu beleben. Das müsste doch auch die Deutschen langfristig überzeugen, die sich von den US-Zuwachsraten stets so beeindrucken lassen.
Zudem trifft die Grundanalyse der SPD-Linken zu; sie wird sogar von allen Wirtschaftsforschern in Deutschland geteilt: Das Wachstum kümmert, weil die Binnennachfrage ausbleibt. Der Export hingegen hat auch vergangenes Jahr zugenommen und kann kaum noch gesteigert werden. Doch was ist „Binnennachfrage“? Das sind der investierende Staat und die Massenkaufkraft der Bürger. Beides schwindet seit langem. So gingen die kommunalen Aufträge in den vergangenen zehn Jahren um 30 Prozent zurück. Gleichzeitig sinkt die Lohnquote, also der Anteil der Gehälter am Gesamteinkommen. Und an Transferleistungen wie an der Arbeitslosenhilfe wird auch gespart. Die SPD-Linken haben Recht: Wachstum ist ohne Investitionen der Länder und Kommunen nicht zu haben. Wer Schulen und Universitäten von innen gesehen hat, weiß, wo man anfangen könnte. ULRIKE HERRMANN