DIE NEUSTE US-GROSSOFFENSIVE IM IRAK IST MILITÄRISCH WERTLOS : Ein politisches Ablenkungsmanöver
Pünktlich zum dritten Jahrestag des Irakkrieges hat die US-Armee mit der „Operation Schwärmer“ eine neue Offensive gestartet, an der 1.500 amerikanische und irakische Soldaten beteiligt sind und die mehrere Tage andauern soll. Ziel sei es, ein Gebiet im Norden der irakischen Stadt Samarra von Aufständischen zu säubern, heißt es im Militärjargon. Verkauft wird das Ganze als „bisher größter Luftangriff seit der Invasion im Frühjahr 2003“. In Wirklichkeit aber handelt es sich eher um eine mittelgroße Militäraktion. Bei der letzten US-Offensive im September in Tel Afar waren über doppelt so viele Soldaten im Einsatz.
In jedem Fall ist der Wert solcher Offensiven zweifelhaft. Denn die Aufständischen haben ihre Lektionen in Sachen US-Offensiven seit Falludscha längst gelernt. Auf ihren Internetseiten wird darüber offen diskutiert: Vermeidet eine direkte Konfrontation und statische feste Positionen. Unternehmt schelle und kurze Angriffe und taucht unter, bevor die US-Luftunterstützung kommt. Wenn der Gegner eine Offensive beginnt, dann verlasst zuvor unauffällig den Ort, bevor der militärische Ring darum geschlossen ist. Eine klassische Guerilla-Taktik also. So enden die groß angekündigten US-Offensiven meist im Frust: ein paar dutzend Festgenommene, von denen niemand so recht weiß, ob sie wirklich der Guerilla angehören, und ein paar aufgefundene Lager mit zurückgelassenen Waffen. Dazu kommt eine zwischen die Fronten geratene schikanierte Zivilbevölkerung, deren Herzen und Köpfe sicher nicht gewonnen wurden.
Die Lösung der Irakkrise ist politischer Natur. Und gerade da sieht es gerade nicht gut aus. Zwar wurde am Donnerstag – drei Monate nach den Wahlen – endlich das Parlament vereidigt. Aber die neue Regierung lässt auf sich warten. Das dadurch entstandene Vakuum schafft Platz für alle, die nicht an einem stabilen Irak interessiert sind. So hat die Operation Schwärmer wohl weniger militärischen als politischen Wert: als Ablenkungsmanöver, damit es nicht zu sehr auffällt, dass die USA drei Jahre nach Kriegsbeginn im Irak vor einem Scherbenhaufen stehen. KARIM EL-GAWHARY