DIE GESELLSCHAFTSKRITIK: Gehirn vergessen
WAS SAGT UNS DAS? Immer mehr deutsche Politiker sprechen frei von der Leber weg. Schlimmer sind ihre Entschuldigungen
Ob sie nun „Schlitzaugen“ bepöbeln, wie unser Mann in Europa, Günther Oettinger, oder ob sie, wie Entwicklungsminister Gerd Müller, afrikanischen Männern pauschal CSU-Sitten unterstellen, nämlich das verdiente Geld zu 70 Prozent für „Alkohol, Suff, Drogen, Frauen“ zu verprassen: Niemand möchte Menschen, die es hierzulande in höchste Ämter geschafft haben, den Mund verbieten. Sie sollen alles sagen dürfen, was ihnen so in den Kopf geschossen wurde, während ihrer jahrzehntelangen Ochsentour durch die Ortsvereine.
Worauf man halt nur eben verzichten könnte, sind ihre Entschuldigungen. Denn die sind garantiert von feigen Referenten geschrieben, die es nie wirklich weit bringen werden. „Es tut mir leid, die Aussage war zu undifferenziert“, versuchte Müller seinen rhetorischen Kunstgriff über Afrikas Männer vom 2. November bei einem Deutschlandkongress der Union auf Proseminar-Niveau wieder einzufangen. Eigentlich habe er die wichtige Rolle der Frauen für Afrikas Zukunft hervorheben wollen.
Nein, Freunde, so geht es nicht: Sagt, was ihr denkt! Und wenn ihr kritisiert werdet, sagt, dass euch das egal ist, weil ihr ja wohl noch sagen werden dürft, was ihr denkt. Und wenn ihr allerdings eure Meinung ändert, dann sagt: Ich hatte zum Zeitpunkt meines Statements 70 Prozent meines Gehirns zu Hause gelassen. AW
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