DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Aaahrgg – alles rosa!
WAS SAGT UNS DAS? Prinzessin Lillifee läuft jetzt auch noch im Kino. Emanzipierte Eltern flippen aus
Es ist der Horror in Rosa: Ab heute läuft in den Kinos „Prinzessin Lillifee und das kleine Einhorn“, der zweite Film über diese zuckersüße Prinzessin. Alles an ihr ist rosa: flatterndes Kleidchen, Ballerinas, Einhorn. Und damit nicht genug Mädchenklischee: Sie sorgt dafür, dass es zu Hause schön gemütlich ist, sie backt herzallerliebst und bringt die Menschen dazu, sich lieb zu haben. Lillifee besteht zwar auch Abenteuer, aber sie begehrt nicht auf, sie flucht nicht und bleibt auch sonst immer schön brav.
Für Eltern, die ihre Kinder geschlechterbewusst erziehen, ist Prinzessin Lillifee ein Albtraum. Und nicht nur das. Fast alle Kinderläden, so scheint es, sind Lillifee-Paradiese: Es gibt Lillifee-Bettchen, Lillifee-Schulhefte, Lillifee-Zahnbürsten. Man kann Lillifee-Kuchen backen, Lillifee-Briefe schreiben. Hilfe, schreien da vor allem moderne Mütter: Ich will kein rosa Putzelchen, ich will ein emanzipiertes Kind!
Manche Eltern fürchten einen Rückschlag in der Emanzipation: Frauen zurück an den Herd. Da bilden sie eine Personalunion mit der britischen Autorin Natasha Walter, die in ihrem jüngsten Buch „Living dolls. Warum junge Frauen heute lieber schön als schlau sein wollen“ das Rosa-Phänomen auseinanderpflückt.
Ja, dieses Rosa nervt gewaltig, und ja, es drückt ein Geschlechterbild von vorgestern aus. Trotzdem, ängstliche Eltern: Regt euch wieder ab. Lillifees Macht ist längst nicht so groß, wie ihr glaubt. Jedes Mädchen hat irgendwann eine Rosa-Püppchen-Phase und später auch diese berühmte Barbie-Zeit. So wie Jungs in einem bestimmten Alter mit Holzgewehren rumballern. Viele Eltern fallen in dieser Zeit von einer Ohnmacht in die nächste. Aber das hilft ihnen wenig, sie müssen da durch. Kleiner Trost: Das geht alles wieder vorbei.
Ein Lillifee-Mädchen muss später nicht im rosa Schürzchen am Herd landen. Im Gegenteil, es kann Mathematik oder Physik studieren, „klassische“ Jungsfächer. Vielmehr kommt es darauf an, wie Kinder ihren Alltag erleben. Es liegt also ganz in der Hand der Eltern, ihnen keine Geschlechterstereotype vorzuleben. SIMONE SCHMOLLACK