DIE DEUTSCHE BAHN RECHNET SICH DIE BILANZEN IMMER SCHÖNER : Nach Mehdorn der Bankrott
Die Deutsche Bahn (DB) AG verhält sich wie ein klammer Makler, der einer Oma viel Geld verspricht, wenn sie ihr verrottetes Häuschen verkauft. Schon kurz nach der Unterschrift beim Notar fliegt auf, dass alle Wände vom Schwamm zerfressen sind. Der Käufer stellt der Oma die teure Sanierung in Rechnung – und so hat sie am Ende weder Haus noch Geld.
Gestern präsentierte Bahnchef Hartmut Mehdorn die DB AG in bester Verfassung. Gerade sei das erfolgreichste Geschäftsjahr in der Geschichte des Unternehmens zu Ende gegangen – und auch aktuell liege man über dem Plan. Natürlich forderte Mehdorn danach wieder einen raschen Börsengang. Am schnellsten ginge es, Schienennetz und Zugbetrieb gemeinsam zu verhökern. Und genau das will Mehdorn. Denn so ließen sich weiterhin lästige Wettbewerber fern halten und Milliardenzahlungen des Staates wären dauerhaft gesichert.
Im Sommer will die Politik entscheiden, wann und zu welchen Bedingungen die DB verkauft wird. Nicht nur Finanzminister Peer Steinbrück hat bereits Sympathie für Mehdorns Vorstellungen bekundet, weil er rasche Einnahmen erhofft. Und auch einige Landespolitiker lassen sich blenden.
Doch Steuerzahler und Bahnnutzer käme es teuer zu stehen, wenn der Plan des Bahnchefs aufginge. Mit dem Verkaufserlös müsste der Staat die Eigenkapitalquote der DB erhöhen und sogar noch etwas drauflegen, damit sich Investoren finden. Zugleich drohte ein weiterer Abbau von Schienen.
Mehdorn wäre fein raus. Zum einen muss er die Konsequenzen seiner Entscheidung nicht tragen, weil er in zwei Jahren als Bahnchef ausscheidet. Zum Zweiten kann er auf das Expertengutachten verweisen, das sein favorisiertes Modell als machbar geadelt und dem Staat mehrere Milliarden Euro Einnahmen versprochen hatte. Umgekehrt wären aber auch die Gutachter nicht zu belangen. Ihre Prognosen fußen schließlich auf der mittelfristigen Finanzplanung der DB. So wäre am Ende niemand für das riesige Finanzloch verantwortlich – und die Allgemeinheit stünde da wie die arme Oma ohne Haus und Geld. ANNETTE JENSEN