DGB und Linke gegen mehr Zuverdienst: Subvention für Niedriglöhne
DGB und Linke sind gegen höhere Hinzuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger – denn das dürfte den Druck auf niedrige Löhne noch mehr erhöhen.
BERLIN taz | Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Linksfraktion im Bundestag haben sich dagegen ausgesprochen, die Hinzuverdienstgrenzen für Hartz-IV-Empfänger zu erhöhen, ohne flächendeckende Mindestlöhne einzuführen. Die FDP hingegen macht sich für eine Neuregelung der Freibeträge stark. Am heutigen Montag tagt ein Expertenworkshop zum Thema in Berlin.
Eine "generelle Erhöhung" des anrechnungsfreien Erwerbseinkommens für Hartz-IV-Empfänger führe zu "negativen Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt", warnt der DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy. Eine Ausweitung dürfte den Druck auf niedrige Löhne erhöhen und den Arbeitgebern die Möglichkeit einer weiteren Lohnsenkung geben, so Adamy. Eine Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen müsse daher "an die Einführung von Mindestlöhnen gekoppelt werden".
Bisher dürfen Empfänger von Arbeitslosengeld II einen Hinzuverdienst von bis zu 100 Euro anrechnungsfrei behalten, vom Bruttoeinkommen zwischen 100 und 800 Euro gilt ein Freibetrag von 20 Prozent, für den Einkommensteil zwischen 800 und 1.200 Euro sind 10 Prozent anrechnungsfrei.
Im Koalitionsvertrag ist eine Neuregelung vorgesehen. Die FDP favorisiert ein Modell, wobei Hartz-IV-Empfänger von 200 Euro Hinzuverdienst nur noch 40 Euro - also weniger als bisher - behalten dürfen. Bis zu einem Einkommen von 400 Euro gelten dann 40 Prozent, zwischen 400 und 1.000 Euro 50 Prozent als anrechnungsfreier Betrag, heißt es in einem Parteibeschluss. Höherverdienende Hartz-IV-Empfänger würden also stärker geschont. Das Modell könnte rund 260 Millionen Euro zusätzlich kosten, rechnete das Bundesarbeitsministerium vor.
Mit den FDP-Vorschlägen würden "Dumpinglöhne von Arbeitgebern quersubventioniert" rügt der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Klaus Ernst. Eine beim Bundesarbeitsministerium angesiedelte Arbeitsgruppe solle "noch vor der Sommerpause" Vorschläge vorlegen, erklärte eine Sprecherin.
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