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DGB kritisierte Entwurf für Renten-Gesetz„Diese Pläne provozieren Altersarmut“

Arbeitsministerin von der Leyen will den Rentenbeitrag absenken – so sieht es ein Gesetzesentwurf zum Thema vor. Gewerkschafter kritisieren, dass so Altersarmut nicht bekämpft werden könne.

Unübersichtlich und weitgehend wirkungslos: Aus dem DGB gibt es harsche Kritik an von der Leyens Plänen. Bild: dapd

BERLIN afp | Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Rentenpläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) scharf kritisiert. Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach wandte sich in der Berliner Zeitung vor allem gegen die geplante Verknüpfung von Altersarmutsgesetz und Rentenbeitragssenkung. Diese Pläne provozierten Altersarmut statt sie zu bekämpfen, kritisierte sie.

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung soll ab dem 1. Januar kommenden Jahres von derzeit 19,6 Prozent auf 19,0 Prozent sinken. Dies sieht der Referentenentwurf zum Alterssicherungsgesetz vor, den von der Leyen am Mittwoch in Berlin vorgelegt hatte.

Die Vorlage enthält auch Änderungen an der geplanten Zuschussrente, die ermöglichen sollen, dass insbesondere geringverdienende Frauen die Aufstockung ihrer Altersbezüge leichter erreichen können, wenn sie Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Voraussetzung sind allerdings 30 Beitragsjahre in der Rentenversicherung.

„Es wäre unverantwortlich, die Rücklagen der Rentenversicherung aufzubrauchen“, sagte Buntenbach zu diesen Plänen. Sie forderte, auf die Beitragssatzsenkung zu verzichten. Die Zuschussrente wiederum bezeichnete die DGB-Vertreterin als weitgehend wirkungslos.

Auch Grünen-Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn kritisierte die Ausgestaltung der Zuschussrente. „Die Anrechnung der Kindererziehungszeiten klingt gut, macht die Zuschussrente aber zu einer Art Herdprämie“, sagte Strengmann-Kuhn der Berliner Zeitung. Für Elternteile, die zwischen 800 und 2.000 Euro verdienten, lohne sich das Arbeiten mit Blick auf die Rente kaum. Zudem sei die Berechnung sehr unübersichtlich.

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7 Kommentare

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  • U
    Ulli

    Das ganze kritisieren bringt doch nichts, auch die Wahl der anderen (SPD, Grüne) Schönredner. Wenn ich schon Zusatzversicherung höre, so werden wieder die Taschen solcher Kriminellen wie Maschmeyer vollgemacht. Unser System ist krank. Politiker haben doch keine eigene Meinung, jeder hat mehrere Lobbyisten am Hemdsärmel hängen, die entscheiden und zwar nicht zu Gunsten der arbeitenden Bevölkerung. Hoffentlich kapíerens endlich mehr.

  • OP
    Otto Pardey

    Diejenigen welche bei voller Erwerbstaetigkeit als Geringverdiener (Lohnsklaven) malochen,werden die Altersarmen von morgen sein.

    Dem gegenueber stehen die Schreitischtaeter u.a.

    der deutschen Politik welche sich um ihre Existenz keine

    Sorgen machen muessen.

  • O
    Oli

    Ohne eine umfassende, solidarische Lösung wird es Millionen armer Rentner geben! Und viele dieser künftigen Armutsrenter werden durchaus die meiste Zeit ihres Lebens gearbeitet haben, aber eben in prekären Jobs. In der Zeit- und Leiharbeitsbranche sind die Löhne z.B. so niedrig, die Arbeitszeiten häufig extrem lang, dass solche Menschen einfach nicht vorsorgen können. Daran will dieser Ministerin aber auch nichts ändern, überhaupt will sie einfach nur Makulatur betreiben und die Öffentlichkeit narren.

  • G
    Groschen

    wer Merkels Mannschaft ernst nimmt, ist selber schuld.

    Besonders Tinkerbell v.d. Leyens Zauberein spotten jeder Beschreibung.

    G.

  • F
    Frank

    Wie wärs endlich mit dem bedingungslosen Grundeinkommen? Sagen wir 1000 Euro oder 900. Dann hätten viele Bürger weniger Sorgen und da dann auch ein Großteil der Hartz IV Ämter und Maschinerie wegviele mit all ihren Unterhaltungskosten der riesen Gebäude, Büroequipment und 10.000de schikanöse Mitarbeiter.. trägt sich das ganze vollkommen von alleine, ohne Mehrkosten.

  • C
    Celsus

    Nein. Das provoziert zwar nicht Altersarmut, aber es bleibt bei dem in Fachkreisen altbekannten Armutsrisiko:

     

    Eine Frau, die mehrere Kinder erzogen hat und dann noch auf aufstockende Leistungen angewiesen ist, um davon leben zu können. Stellen wir uns mal vor, da wäre eine Frau so eifrig gewesen, wie eine Ministerin und hätte 7 Kinder. Sie wäre aber ganz anderes versorgt! Für die 7 Kinder bekäme sie aktuelle mit 3 angerechneten Jahren pro Kind insgesamt 523,32 € Rente.

     

    Stockekn wir die Summe geringüfügig auf oder lassen es bleiben: Für die Frau bleibt es bei den gleichen Einkünften.

     

    Das Verständnis von Politiker_innen könnte bestimmt gefördert werden, wenn sie zu gleichen Bedingungen wie das Normalvolk in der gesetzlichen Rentenversicherung wären.

  • D
    Detlev

    Die Kritik ist berechtigt. Allerdings ist es ein gutes Zeichen, dass die Ministerin unter Druck steht, neue Gesetze zu diesem Sachverhalt überhaupt einzubringen. Das Problem an ihr ist, wie immer, dass sie nicht das tut, was sie verspricht: Durch die Riester-Reform sinken die Renten, sie bleiben nur auf ihrem Vor-Riester-Level, wenn der oder die eine Zusatzrente abschließt oder ein anderes privates Vorsorgemodell nutzt. Dies ist nicht unbedingt unvernünftig, aber: Wer Zeiten der Arbeitslosigkeit oder andere leere Phasen in seiner Biographie hat, der muss damit rechnen, in Armut zu fallen. Und als Rentner hat der oder die eben nicht mehr die Möglichkeit, durch Arbeit oder sparsames Leben dagegen anzugehen. Das ist der Sachverhalt, der die größten Probleme im System auslöst.

     

    Das zweite Problem sind die extremen Niedriglöhne, Aufstockung und prekären Beschäftigungsverhältnisse, inklusive 400-EURO-Regelung, denn die reißen die Menschen in brüchige Erwerbs- und damit lückenhafte Rentenbiographien.

     

    Wenn es 2020 in Deutschland nicht ein paar Millionen bitter armer Renter geben soll, dann ist die Politik 2012 gefragt, realistische Modelle zu entwickeln. Und der Vorschlag von Ursula von der Leyen ist mal wieder extrem dürftig, selektiv und geht am Kern des Problems vorbei.

    Also Zeit für SPD, Grüne und Linke schnell in die Lücke zu hauen und ausnahmsweise mal gemeinsam eine Lösung zu präsentieren. Tun sie es nicht, muss man damit rechnen, dass Rentenpolitik immer weniger sachlich und nachhaltig wird, dass Altersarmut sich massiv ausweiten wird.