DFB-Pokal Borussia vs. Hoffenheim: "Keine Luft zum Atmen"

Der bestens ausgestatteten Hoffenheimer Mannschaft ist der Aufstieg in die Eliteklasse zuzutrauen. Am Dienstag kann sie ihre Reife gegen Borussia beweisen.

Experte in Durchmarsch-Angelegenheiten: Coach Ralf Rangnick. Bild: dpa

Vor zehn Tagen wirkte Mike Diehl so begeistert, als könne er selbst nicht glauben, was er da gerade erzählt. "14 Busse à 50 Fans begleiten uns und noch viele per Zug und Auto", sagte der Fan-Beauftragte der TSG 1899 Hoffenheim vor der Partie bei 1860 München. Manche Vereinsrekorde hören sich in Hoffenheim noch immer bescheiden an und oft sind sie schon ein Auswärtsspiel später Geschichte. Zum DFB-Pokal-Viertelfinale heute in Dortmund begleiten nun 71 Busse den fußballerischen Laborversuch aus Nordbaden - alle 4.500 Karten für die TSG sind verkauft worden.

Überhaupt ist die Dynamik beim Verein, der vor zwölf Jahren seinen Weg aus der Kreisliga in den Profifußball begonnen hat, erstaunlich. 1.200 Trikots habe man diese Saison schon verkauft, heißt es in der Geschäftsstelle - noch so ein historischer Höchstwert. 13 Fanklubs gibt es mittlerweile, in denen 600 Fans organisiert sind. Manch Mitarbeiter des Projekts Hoffenheim stöhnt: "Wir haben seit Monaten keine Luft zum Atmen."

Dabei steht der Versuch erst am Anfang. Am Ende des Weges, so ist es der Wille von Mäzen Dietmar Hopp, soll der FC Bayern in der Bundesliga zu Heimspielen in der nordbadischen Provinz begrüßt werden. Das neue Stadion für 30.000 Zuschauer - 60 Millionen Euro teuer - ist schon in einem Jahr fertig: "Montage der Zahnbalken hat begonnen", vermeldet die Klub-Homepage fast staatstragend.

Fünf Jahre gab der SAP-Mitbegründer Hopp vergangenen Sommer Trainer Ralf Rangnick, um den Traum vom Bundesligafußball mit seinem Heimatklub zu erfüllen. Die Frage ist längst nicht mehr, ob der Dorfklub in die Bundesliga aufsteigt, sondern wann. Nach vier Siegen zum Auftakt der Rückrunde ist der Aufstiegsplatz nur noch zwei Pünktlein entfernt, die reelle Chance, Erstligafußball in der Provinz zu etablieren, besteht also schon in dieser Saison.

Beliebt sind die Hoffenheimer nicht, aber gefürchtet. "Wir denken von Spiel zu Spiel", sagt indes TSG-Trainer Ralf Rangnick, dem schon einmal der Durchmarsch von der Regionalliga bis in Liga eins gelungen ist: In den 1990er Jahren mit dem SSV Ulm, der mittlerweile wieder in der Oberliga abgetaucht ist. Damit das bei der TSG nicht passiert, hat der 67 Jahre alte Hopp mit einem Business-Plan die Finanzierung für die nächsten 15, 20 Jahre sichergestellt. Eine Ahnung davon, wie groß die Rücklagen sind, bekam die staunende Fußballwelt, als kurz nach Saisonbeginn der Kader kurzerhand für 20 Millionen Euro verstärkt wurde.

Seitdem lacht man vielerorts nicht mehr so laut über den Satz von Robin Dutt: "Hoffenheim ist der einzige Verein, der Bayern irgendwann gefährlich werden könnte", sagte der Freiburger Trainer zu Saisonbeginn. Als am Freitagabend seine Mannschaft dem Angriffswirbel der Hoffenheimer beim 0:2 nichts entgegenzusetzten hatte, merkte er über die Offensivspieler des Gegners an: "Obasi, Demba Ba, Copado und Eduardo haben in der Zweiten Liga nichts verloren. Das sind Bundesligaspieler." Es stimmt: Einen Angreifer wie den Senegalesen Demba Ba, 22, der Wucht und Technik effizient verbindet, findet man selten. Einzig die mangelnde Routine und die nicht immer sattelfeste Abwehr könnten gegen einen frühzeitigen Aufstieg sprechen.

Innere Unruhen bekämpft Trainer Rangnick konsequent: Jüngst setzte er Kapitän Copado ab, der sich über seine Nichtnominierung beschwert hatte. Jetzt trifft der Stänkerer fast in jedem Spiel. Gegen die Altherrenabwehr der Dortmunder ist auch heute Abend eine Überraschung durch die Konterspezialisten vorstellbar. Dann wären es nur zwei Siege bis zu einer Uefa-Cup-Teilnahme. Die "aktuelle Aufstiegsgefahr" (Rangnick) ist für den Trainer indes ein Medienthema. Dass der ehemalige Schalker Champions-League-Trainer genau wegen der Erst-Liga-Perspektive den Gang aufs Land angetreten hat, verschweigt er lieber. Bei seinem Amtsantritt sagte er noch: "Hoffenheim", und das weiß mittlerweile ganz Fußballdeutschland, "ist halt kein normaler Verein."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.