DFB-Elf gegen Argentinien: Totale Offensive
Nadiem Amiri, 22, gehört zu den vielen Neulingen im DFB-Team. Dank seiner Forschheit sind seine Chancen auf einen Einsatz beim Spiel am Mittwoch gut.
Offensive Geister kann jeder Trainer brauchen – und seine ambitionierte, offene Art hat Amiri nun bis in den Kader der deutschen Nationalmannschaft gespült. Weil Bundestrainer Joachim Löw bis dahin noch nicht im Besitz von Amiris Handynummer war, erhielt Bayers Mittelfeldspieler am vergangenen Donnerstag zunächst eine Nachricht von dessen Assistenten Marcus Sorg, er solle sich bitte beim Chef melden. Gleich nach dem Training wählte Amiri Löws Nummer und informierte kurz darauf auch seinen Vereinstrainer Peter Bosz. „Er war“, berichtete der Niederländer, „unglaublich stolz, als er mir davon erzählt hat.“
Eine weitere Steigerung dürfte der Stolz des jungen Mannes erfahren, wenn er beim Testspiel gegen Argentinien am Mittwoch und in der EM-Qualifikation in Estland (Sonntag) tatsächlich zum Einsatz kommt. Die Chancen stehen angesichts der vielen Absagen jedenfalls gut. „Häufig ist es so, dass fünf, sechs Spieler ein bisschen enttäuscht abreisen. Das wird uns jetzt nicht passieren“, machte DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff allen neu Hinzugekommenen klare Hoffnungen.
Wobei Amiri zudem davon profitieren könnte, seine Premieren-Einladung zum Nationalteam schon Ende letzter Woche erhalten zu haben. Anders als der Schalker Suat Serdar, Robin Koch vom SC Freiburg und Hoffenheims Sebastian Rudy, die wegen der zahlreichen Ausfälle am Sonntag und Montag nachnominiert wurden.
Günstiger Transfer
Mit Kerem Demirbay siedelte Amiri vor dieser Spielzeit aus Hoffenheim ins Rheinland über. Doch während der 32 Millionen Euro schwere Wechsel von Demirbay bereits Anfang Mai bekannt wurde, stand Amiris Umzug erst Ende Juli nach zähen Verhandlungen der beiden Klubs fest. 9 Millionen Euro überwies Leverkusen für den zweiten Sommereinkauf von der TSG schließlich in den Kraichgau. Wobei Amiri dem teureren Demirbay im zentralen Mittelfeld der Werkself zuletzt den Rang abgelaufen hat.
„Er ist ein Spieler, der zwischen den Linien spielt, einen guten Schuss hat, aber auch ohne Ball die Läufe in die Tiefe macht“, nennt Bayer-Coach Bosz die Vorzüge seiner Nummer elf. Wegen des Einsatzes bei der U21-EM konnte Amiri die Saisonvorbereitung nur zum Teil mitmachen, den Rückstand hat er inzwischen aber aufgeholt. Beim Turnier der Junioren in Italien machte er vor allem am Ende auf sich aufmerksam, erzielte im Halbfinale gegen Rumänien und im verlorenen Endspiel gegen Spanien drei der fünf deutschen Treffer.
„Nach der EM hab ich mir schon ein bisschen Hoffnungen auf die Nationalmannschaft gemacht, warum soll man daran nicht glauben“, sagt Amiri. Auch Joachim Löw lobt die Leistungen des Leverkuseners bei der EM und im Verein – und erklärt mit Blick auf seine aktuellen Personalnöte: „Dadurch gibt es immer wieder auch Chancen für junge, hungrige Spieler, sich bei uns zu präsentieren. Wir freuen uns, nun Nadiem Amiri persönlich kennenzulernen.“
Bereits Mitte September sendete der Offensivspieler, dessen Eltern in den 1980er Jahren im Zuge der sowjetischen Intervention in Afghanistan aus ihrer Heimat in die Bundesrepublik Deutschland flüchteten, eine Botschaft an den Bundestrainer. Da erklärte der Bayer-Profi, er werde, wenn es „wirklich null Komma null Chancen“ für ihn in der DFB-Auswahl gebe, für Afghanistan spielen. „Das gilt, wenn ich 28, 29 oder 30 bin und am Ende meiner Karriere stehe. So lange probiere ich es“, präzisierte Nadiem Amiri nun. Der Mann, über den Bayers Trainer Bosz sagt: „Er hat sich diese Nominierung über einen langen Zeitraum erkämpft und verdient, nicht nur bei uns.“
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