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Archiv-Artikel

DER MIETHAI Zweifelhafter Eigenbedarf

Sylvia Sonnemann ist Juristin und Geschäftsführerin bei Mietern helfen Mietern in Hamburg

Der Vermieter behauptet, er wolle die Mieterwohnung für seine Tochter, seine Eltern oder sich selbst: Immer öfter sehen sich Hamburger Mieter einer Eigenbedarfskündigung ausgesetzt. Oft ergeben sich aber Zweifel an der Wahrhaftigkeit der genannten Gründe. Will die in München lebende Tochter wirklich in Hamburg studieren, bekommt sie einen Studienplatz und braucht sie wirklich die 3-Zimmer-Altbauwohnung in der Neustadt? Ist es plausibel, dass die auf dem Land lebenden Eltern in eine kleine Altbauwohnung mit steiler Treppe nach Winterhude ziehen, damit die in Hamburg lebende Tochter sie besser versorgen kann? Will die in Bönningstedt lebende Partnerin des Vermieters, dass dieser in seine eigene Wohnung ins Hamburger Schanzenviertel zieht?

Gerade wenn die Wohnung auf dem boomenden Hamburger Eigentumswohnungsmarkt hohe Verkaufserlöse erzielen würde oder ein Streit über Mängel oder Mieterhöhung vorausging, sind Zweifel an so dünnen Begründungen angesagt. Aber nicht immer wehren sich die Mieter vor Gericht oder haben dort Erfolg. Mit Blick auf das finanzielle Risiko und den Stress ziehen viele lieber aus. Jetzt sprach das Amtsgericht Hamburg einer Mieterin Schadenersatz zu, weil der Vermieter auch zwei Jahre später nicht in seine frei geklagte Wohnung einzog, sondern sie verkaufte.

Die Mieterin konnte beweisen, dass er in der Zeit dazwischen dort nicht wohnte. Der Vermieter, der plausibel machen musste, warum der Eigenbedarf nach dem Räumungsverfahren nicht umgesetzt wurde, konnte seine angeblich erst später eingetretene Verkaufsabsicht nicht glaubhaft begründen. Wegen finanzieller Einbußen im Geschäft habe er die Renovierungskosten nicht aufbringen können.

Das Gericht fand das wenig überzeugend. Denn im Räumungsprozess hatte der Vermieter die Dringlichkeit des Umzugs mit dem langen Fahrtweg aus dem Hamburger Umland begründet, wo er bei seiner Partnerin wohnte. Dieser Weg sei sehr riskant, weil er an einer Schlafstörung leide und den Sekundenschlaf fürchte. Angesichts solcher Dringlichkeit leuchtete dem Gericht nicht ein, dass man nicht selbst renovieren könne.

Das Urteil ist ein kleiner Trost für die Mieterin, die jetzt hoffen kann, ihren finanziellen Schaden für Umzug, Ausstattung und Herrichtung der Wohnung sowie für die Mietdifferenz und die Kosten des Räumungsverfahrens erstattet zu bekommen, auch wenn sie lieber wohnen geblieben wäre.