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Archiv-Artikel

DER MENSCH IST OFTMALS ASOZIAL VERANLAGT, AUCH DER HUNDEHALTENDE mENSCH, DAS ZIEHT SICH DURCH ALLE MEHR ODER WENIGER HUNDELIEBENDEN BEVÖLKERUNGSSCHICHTEN HINDURCH Auf der Seite des Hundes und seiner Bedürfnisse

Hundekacke war ein Thema auf der Party, auf der ich letztens war. Es waren etliche Eltern anwesend und für Eltern ist dieses Thema besonders erregend, sofern sie nicht selbst einen Familienhund haben, der ab und an mal wohin kackt, dann stehen sie dem Thema etwas entspannter gegenüber. Wenn mich irgendwas zum Explodieren bringt, dann das Reintreten in Kacke. Deshalb sehe ich die Notwendigkeit einer Zeitschrift mit dem Namen Kot und Köter ein.

Allein des Namens wegen muss es so eine Zeitschrift geben. Ja, ich würde mir vielleicht so eine Zeitschrift nur deshalb kaufen, damit ich sie in meiner Wohnung herumliegen lassen könnte, damit Besucher sich heimlich denken könnten, „Sieh an, sie liest die Kot und Köter. Sie ist eine Frau mit starken Abneigungen.“ Allerdings, es ist nicht ungefährlich, sich so eindeutig zu positionieren. Das bekam der Hamburger Herausgeber Wulf Beleites jetzt zu spüren, denn ein Mensch hat ihn angezeigt. Wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten. Herr Beleites soll andere Menschen dazu aufgefordert haben, im Park Hunde zu vergiften. Zwar hat er das eigentlich nicht getan, sondern er hat etwas über Georg Kreisler geschrieben, der die Leute musikalisch dazu aufgefordert hat, Tauben im Park zu vergiften.

Für Herrn Beleites war der Tonfall vielleicht schon mal der richtige, er hat nur das Tier ausgetauscht und in einem erfundenen Bericht über das angebliche Tagebuch Herrn Kreislers erklärt, dass der Herr Kreisler ursprünglich „Geh’ ma Hunde vergiften im Park“ gedichtet hätte. Was zwar nicht stimmt, aber auch nicht muss, weil es ja satirisch erdichtet ist. Deswegen wird Herr Beleites bestimmt auch nicht bestraft werden. Und andererseits wird das seinem in der Medienlandschaft nicht so heftig präsentem Magazin vielleicht einen kleinen Aufmerksamkeitsschub verschaffen.

Aber mal zu den Hunden, der Kacke und der Partydiskussion zurück: Als Hundekackcholerikerin an sich möchte ich doch klarstellen, dass ich grundsätzlich, trotz meiner Gefühle, und wenn die sich dann etwas abgekühlt haben, auf der Seite des Hundes und seiner Bedürfnisse stehe. Der Hund an sich kann nur kacken, der Mensch muss halt wegmachen. Der Mensch ist aber oftmals asozial veranlagt, auch der hundehaltende Mensch, das zieht sich durch alle mehr oder weniger hundeliebenden Bevölkerungsschichten hindurch.

Deshalb sollte man aber nicht den Hund und den Hundehalter an sich verunglimpfen. Genau genommen ist es ja so, dass ein Kackhaufen mit der Zeit in die Natur eingeht, und zwar relativ rückstandslos. Was aber nicht in die Natur eingeht, das sind Auto- und Flugzeugabgase.

In die Kacke treten wir nur rein, den Feinstaub und die Chemikalien, die atmen wir aber ein, die dringen direkt in unsere Lungen und unsere Körper ein und bereiten ihn für den Krebs vor. Ich als Keinautobesitzerin und Fluggegnerin werde von allen anderen Autofahrern und Flugzeugbenutzern sehr viel mehr verdreckt und beschädigt als von allen asozialen Hundehaltern. Der Fluggast und der Kfz-Halter findet sich aber im Allgemeinen gar nicht asozial, soweit ich das recherchieren konnte. Auf besagter Party hörte ich auf dieses Argument den Satz: „Wenn du in der Stadt wohnst, musst du die Abgase halt aushalten, denn die gehören dazu.“ „Wenn du in der Stadt wohnst, musst du die Hundescheiße aushalten, denn die gehört auch dazu“, sagte dann eine, bevor ich darüber nachdenken konnte.

Aber da landet man dann bei der alten Diskussion, ob Hunde in die Stadt gehören. Man kann sich übrigens auch fragen, ob Kinder in die Stadt gehören, denn auch die können sich auf dem Land besser austoben. Und die Luft erst.

Katrin Seddig ist Schriftstellerin und lebt in Hamburg, ihr Interesse gilt dem Fremden im Eigenen. Ihr jüngster Roman „Eine Nacht und alles“ erschien bei Rowohlt Berlin.