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Archiv-Artikel

DER KIELER KOALITIONSVERTRAG ZEIGT, DASS NEUWAHLEN BESSER WÄREN Innovationsfreie Zone

Ob er zufrieden ist, der unbekannte „Heide-Mörder“? Ob er das wollte, jener Kieler Landtagsabgeordnete, dessen Enthaltung der noch amtierenden schleswig-holsteinischen Ministerpräsidentin Heide Simonis den Sieg kostete? Schwer zu sagen. Wer auf jeden Fall zufrieden sein kann mit dem jetzt vorliegenden Vertrag zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD, ist die CDU, die Peter Harry Carstensen am 27. April zu Simonis’ Nachfolger wählen wird.

Nun ist der Mann ohnehin mit einem fröhlichen Naturell gesegnet – aber jetzt hat er richtig Grund zum Strahlen: Der Koalitionsvertrag ist deutlich schwärzer als rot. Die angeschlagene SPD hat sich nur in wenigen Punkten durchgesetzt. Einige Zugeständnisse – etwa die halbherzige Einführung einer Gemeinschaftsschule – sind nur gemacht worden, damit die Genossen nicht ganz ihr Gesicht verlieren. Ein ärgerliches Ergebnis für die SPD, aber ein tragisches für das Land.

Eine große Koalition muss ja generell nicht schlecht sein in einer schwierigen politischen Lage. In der befindet sich Schleswig-Holstein fraglos: Der Haushalt sieht katastrophal aus, der Arbeitsmarkt nicht minder, beim Pisa-Test schnitten die Nord-Schüler schlecht ab. Große Würfe, neue Ideen wären nötig. Die sind aber aus dem Koalitionsvertrag nicht herauszulesen – das bunte Bündnis aus SPD, Grünen und SSW hatte da interessantere Ansätze gehabt. Die neue schwarz-rote Regierung will sparen, dem Mittelstand Zugeständnisse machen, Straßen bauen – nicht gerade innovativ.

Nicht der „Heide-Mörder“, die ganze SPD muss sich jetzt fragen lassen, ob das nötig war. Die Sozialdemokraten haben aus der schwächeren Position heraus verhandeln müssen, sie werden schwach bleiben in diesem Bündnis. Sie werden Dinge mittragen müssen, die ihnen nicht gefallen können. Angesichts dessen wäre es besser gewesen, die SPD hätte sich auf Neuwahlen eingelassen. Dann wäre das Land zwar vermutlich schwarz-gelb geworden, aber die Verhältnisse wären klar und die SPD hätte in der Opposition die größere Chance gehabt, sich zu regenerieren. ESTHER GEISSLINGER