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Archiv-Artikel

DER CHRYSLER-VERKAUF VERDEUTLICHT DEN WANDEL DER GLOBALISIERUNG Abschied von der Welt-AG

Wenn Daimler seine Tochter Chrysler verkauft, dann ist das mehr als nur eine gescheiterte Fusion – diese geplante Trennung markiert auch einen Wandel der weltweiten Ökonomie-Diskurse. Vor zehn Jahren noch war die „Welt AG“ angesagt, die Kontinente erobert, indem sie Konkurrenten schluckt. Diese Strategie hat viel von ihrem Flair verloren. Statt „Welt AGs“ sind nun international operierende „Hedge Fonds“ oder „Private Equity Fonds“ in Mode, die Firmen nur vorübergehend besitzen und meistbietend weiter veräußern wollen. Es passt ins Bild, dass sich auch für Chrysler vor allem Fonds interessieren.

Die Globalisierung verändert ihren Charakter: Sie ist nicht mehr der internationale Vormarsch einzelner Mega-Konzerne, die langfristige Ziele in fernen Märkten verfolgen. Die weltweite Vernetzung findet nun vor allem über Finanzinvestoren statt, die kurzfristig ihre Gewinne maximieren wollen. Allein die Hedge Fonds dürften etwa 1,5 Billionen Dollar bei privaten und institutionellen Anlegern eingesammelt haben. Ihre reale Marktmacht wird sogar auf 10 Billionen Dollar geschätzt, da die Fonds ihre Firmenkäufe meist über Kredite finanzieren.

Doch diese Macht ist auch Schwäche. Es ist gar nicht leicht, diese Billionen lukrativ anzulegen. Echte Schnäppchen sind auf den Finanzmärkten rarer als bei Aldi. So ist auch keineswegs ausgemacht, dass sich Chrysler als ein gutes Geschäft für die Fonds erweisen würde. Wie alle US-Autobauer kann auch Chrysler seine Marktanteile nicht gegen die japanische Konkurrenz verteidigen. Belastend sind zudem die Renten- und Gesundheitskosten für die Angestellten.

Noch steht nicht fest, wer bei den Chrysler-Spekulationen schließlich gewinnt. Nur die Verlierer sind schon ausgemacht – die Mitarbeiter. Egal, ob Chrysler verkauft wird oder vielleicht doch noch bei Daimler bleibt: Es steht eine harte Sanierung an, die Arbeitsplätze und Lohnbestandteile kostet. Sonst werden die Werke eben ganz geschlossen. So verlangt es das globale Prinzip der Gewinnmaximierung. ULRIKE HERRMANN