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Archiv-Artikel

DER CHEF DER DEUTSCHEN BANK MUSS VOR GERICHT. GUT SO Gleiches Recht für alle

Unabhängige Gerichte haben schon so manchen Potentaten genervt. Das verdanken wir der Bourgeoisie, die sich durch diese Institution dem willkürlichen Zugriff von Adel und Klerus entzog. Umso bemerkenswerter, wenn gleich zwei exponierte Vertreter des deutschen Bürgertums, der Chef der größten Bank und die Vorsitzende der bürgerlichsten Partei, es für einen Anschlag auf den Standort Deutschland halten, wenn ein Gericht seine Arbeit tut. Wie im Fall Mannesmann.

Man mag es Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann noch nachsehen, wenn er gegen die Gerichte pöbelt, schließlich ist er der Angeklagte. Was aber reitet CDU-Chefin Angela Merkel? Wie kann eine Spitzenpolitikerin ein Gericht so kritisieren, das sich die Entscheidung zur Anklageerhebung wahrlich nicht leicht gemacht hat? Die Kritik entlarvt die Mentalität einer Elite, die meint, für sie würden andere Regeln gelten als für den Rest der Menschheit. Das überrascht vor allem bei Angela Merkel, die ihr heutiges Amt ja gerade dem Sturz eines selbstherrlichen Parteichefs verdankt.

Ein noch größeres Armutszeugnis für die Chefin einer Volkspartei ist, was Merkel übersieht. Tatsächlich ist völlig abseits der Anklage im Fall Mannesmann eine moralische Schuld des Bankchefs zu diagnostizieren, die gar nicht vor Gericht kommen wird: die schiere Höhe der 57 Millionen Euro an Abfindungen und Pensionszahlungen, die noch kurz vor der Übernahme an die Vorstandsetage verteilt wurden. Dies kann unter einfachen Arbeitern und Angestellten, die um ihren Flächentarif bangen müssen, nur auf Verachtung stoßen.

Ackermann will offenbar nicht akzeptieren, dass er als deutscher Topmanager mit 6,5 Millionen Euro jährlich weniger Gehalt erzielt als ein Michael Schumacher, dem Ferrari für das Ziehen schneller Kreise immerhin 35 Millionen zahlt. Er denkt wehmütig an die USA, wo es Wirtschaftskapitäne locker auf 50 Millionen Dollar bringen. Zu solchen Beträgen würden auch deutsche Unternehmer gerne aufschließen. Natürlich nur, um „wettbewerbsfähig“ zu bleiben.

Was Ackermann übersieht, ist, dass Schumacher sein Geld für Ferrari im direkten Sinne wert ist. Die Leistung von Managern lässt sich weit schlechter einschätzen. Oft schanzen sich am Ende Vorstand und Aufsichtsrat als Chefs und Exchefs gegenseitig die Bezüge nach eigenem Ermessen zu. Dass CDU-Chefin Angela Merkel das auch noch gutheißt, zeigt vor allem eines: Mangel an bürgerlichem Bewusstsein. MATTHIAS URBACH