DAVID DENK ÜBER FERNSEHENES KOMMT NICHTS. NUR DAS DSCHUNGELCAMP : Ich kapituliere!
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Hochverehrtes Publikum, hiermit erkläre ich meine Kapitulation. Es kommt nichts. Nada. Niente. Nix zu machen. Da kann ich pressen, solange und so fest, wie ich will. Zum RTL-Dschungelcamp, das heute Abend startet, fällt mir nichts ein – zumindest nichts, was ich nicht schon mal geschrieben hätte.
Klar, die Kandidaten sind andere oder heißen wenigstens anders als in den vorangegangenen vier Staffeln von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“, wie das Format ja offiziell heißt, und klar, einer der elf Kandidaten, Uralt-68er Rainer Langhans nämlich, der das Dschungelcamp für eine Fortsetzung der Kommune 1 hält, hat ausgehandelt, dass er keine Maden essen muss – eine Extrawurst für den Vegetarier. „Ich muss jetzt erst mal Scheiße fressen“, sagte er im taz-Interview. Damit hat er kein Problem.
Aber mal abgesehen von diesen Kleinigkeiten wird alles so sein wie gehabt. Denn es ist gerade die Abwesenheit von Überraschungen, die totale Vorhersehbarkeit, die das vom britischen Privatsender ITV1 abgekupferte Format auszeichnet: Irgendwer wird einen Zickenkrieg anzetteln, irgendwer wird beweisen wollen, dass er/sie eigentlich ganz anders ist, als alle denken, und irgendwer wird sich schwer danebenbenehmen. Eine zarte Dschungelromanze darf natürlich auch nicht fehlen. Dies alles wird das Moderatorenpaar Sonja Zietlow und Dirk Bach mit der gleichen unverhohlenen Schadenfreude kommentieren, die Millionen Fernsehzuschauer empfinden. Ihr Gewissen ist rein, denn sie schauen ja Medienprofis bei der Selbstdemontage zu und nicht etwa unbedarften Castingshownovizen.
Merken Sie was?
„Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ kennt nur einen Sieger – und das ist mitnichten der Typ mit der affigen Krone auf dem Kopf, sondern RTL. Für die KandidatInnen ist das Dschungelcamp ihr letztes Bad in der Menge – aus Kakerlaken zwar, aber besser als gar keins.
Jetzt vielleicht?
Das Schauhausen im australischen Nirgendwo ist noch nicht das Ende der Verwertungskette – aber von da aus kann man es sehen. Wie eine gute Restaurantküche holt RTL alles aus seinen Produkten raus, verwendet sie anschließend für Formate wie „Die 90er Show“, in der Leute, die man irgendwoher kennt, in einem faden Durcheinander die Primetime zubrabbeln, bis sie von der nächsten Dschungelcamp-Besatzung abgelöst werden.
Na, haben Sie es gemerkt?
Teile dieses Textes könnten Sie schon mal gelesen haben – in der taz vom 9. 1. 2009, zum Start der vierten Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Wie gesagt, dies ist eine Kapitulationskolumne. Ja, ich bekenne: Ich habe abgeschrieben – von mir selbst. Sollten Sie jetzt gleich Ihr Abo kündigen wollen, hätte ich da noch eine Frage: Wäre es Ihnen lieber gewesen, ich hätte so getan, als wäre all das neu? Journalisten zitieren häufig sich selbst, sie reden nur nicht drüber. Dieses Schweigen habe ich gebrochen – steinigt mich!
Zum Schluss bleibt mir nur noch, meiner Fassungslosigkeit darüber Ausdruck zu verleihen, dass Leute lieber Dschungelcamp gucken als gutes Fernsehen – aber auch das ist ja nix Neues. Nun wirklich nicht.