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Archiv-Artikel

DAUMENKINO „Burlesque“

Landpomeranze kommt von irgendwo in Iowa nach L. A., bedient im „Burlesque“-Lokal und erweist sich, als einmal Not an der Frau ist, erst als formidabler Ersatz und dann als viel mehr: A star is born. Wundersam wird dann noch das zuvor von der Pleite bedrohte Etablissement vor den bereitstehenden Immobilienhaien gerettet, und wenn der Film aus ist, ist alles auch gut. So schlicht und so dumm und so märchenhaft ist die von „Burlesque“ erzählte Geschichte, die der Regiedebütant Steve Antin mit viel Gesang und Tanz in Szene setzt. In Wahrheit freilich geht es trotz aller Mühen, so etwas wie einen Plot anzuschieben, sowieso nur um eins, genauer gesagt zwei: Christina Aguilera und Cher, beziehungsweise Ali und Tess.

Dass auch das aktuelle Cher-Plastinat nicht nur singen, sondern trotz siebenjähriger Filmabstinenz noch halbwegs okay schauspielen kann, war von vornherein klar. Dass es sich mit Christina Aguilera ähnlich verhalte, ist das, was „Burlesque“ der Welt mitteilen will: eine zuletzt eher erfolglose Popmusikerin, als Hollywoodstar noch mal geboren. So blickt sie erst als Unschuld vom Lande, dann zusehends urban, aber auch halb nackt noch adrett zwischen dem Vorhang ihres peroxidierten Blondhaars hervor und spielt, singt und tanzt derart aufdringlich castingshowhaft, dass man, nächste Abzweigung Dschungelcamp, geradezu Mitleid bekommt. Die Mühe, mit der jede Menge Begleitpersonal am Klischee herbeigezogen wird, auf dass auch zwischen den Showeinlagen nichts von Interesse passiert, ist beträchtlich. In den Einlagen selbst wagt der Film übrigens nichts und bevorzugt eine „Burlesque“-Version ohne den leisesten Erinnerungshauch an den proletarischen Geist, der in dieser Striptanzvariante einmal umging.

Dies noch trägt sich zu: Ein junger Mann, mit dem Ali zusammenzieht, trägt Eyeliner, ist aber alles andere als schwul. Stanley Tucci als hereintelefonierte Nebendarstellercharge dagegen ist es im äußersten Maße. Als fünftes Rad am Wagen macht Kristen Bell meistens besoffen böse Miene zum biederen Spiel. Außerdem agiert ein stinkreicher gut erhaltener älterer Mann als Versuchung, der Ali erwartungsgemäß widersteht. All das summiert sich zum überschwangfrei durchkalkulierten Starvehikel, das hundert Minuten lang ereignisreich stillsteht. Und das leider handwerklich viel zu professionell gemacht ist, um wenigstens als Camp noch ein bisschen interessant zu sein.

EKKEHARD KNÖRER

■ „Burlesque“. Regie: Steve Antin. Mit Christina Aguilera, Cher u. a. USA 2010, 118 Min.