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DAUMENKINOBlack Dju Dibonga

Keine Frage, die Ausländerpolizei leistet hervorragende Arbeit. Noch bevor der Fremde gemerkt hat, wie saukalt Europa eigentlich ist, sitzt er schon in der Wanne. „Überall haben sie mich schon rausgeschmissen“, kräht einer in der anderen Ecke. Und ab ins Kommissariat. Ob Dju Dibonga (Richard Courcet) mit einem Touristenvisum geholfen wäre, fragt keiner. Denn Dju ist schwarz. Eigentlich will er nur seinen Vater Joseph suchen, der seiner Familie auf den Kapverdischen Inseln nun schon seit einigen Monaten die bitter nötigen Überweisungen schuldig bleibt. Nur den Alten ermahnen und wieder abhauen. Aber wer soll ihm das schon glauben? Und wer kann ihm helfen?

Vielleicht einer wie Inspecteur Plettschette, der gerade wegen seiner Alkoholprobleme vom Dienst suspendiert wurde. Der Chef der Ausländerbehörde hat seinem Angestellten noch bescheinigt, er sei ein hervorragender Polizist. Aber jetzt hängt Plettschette überm Tresen, bestellt noch einen Doppelten – und wird sich immer mehr der Sinnlosigkeit seiner Existenz bewusst. Dju wagt’s.

„Black Dju Dibonga“ lebt von diesem Ex-Inspektor. Philippe Léotard leiht ihm sein vom Suff zerfressenes Knautschgesicht, neben dem Lino Ventura geradezu aalglatt wirken würde. Allein im Gestus so zerrüttet, dass man ihm den baldigen Schnapstod wünscht. Warum er sich aufrafft, Dju bei der Suche nach dem Verschollenen zu helfen, wie er es noch schafft, sich nächtens in den Polizeicomputer einzuloggen, bleibt unergründlich.

Gemeinsam streifen sie durch die Straßen von Luxemburg, klappern Baustellen, Hospitäler und – Europa kann einen schließlich echt krank machen – die Irrenanstalten ab. Im dokumentarischen Stil wird dabei eher eine Wirtschaftszone lebendig als deren Menschen. Denn die Welt der Wanderarbeiter ist begrenzt von Gleichgültigkeit und Nichtwissen. Doch trotz allgemeinen Achselzuckens wird Dju seinen Papa Joseph finden, nachdem er erfahren hat, dass der vor seinem Verschwinden einem Polier eins übergebraten hat.

Über allem tönt der Gesang der Kapverden, der über die Jahrhunderte der Sklaverei und Arbeitsmigration ein melancholischer wurde. Die Rührseligkeit dieser Heimwehmelodie passt zur Geschichte, aber nicht zu dieser. Die ist rau. So rau wie die Stimme von Philippe Léotard, der übrigens auch Chansonnier ist. PHILIPP BÜHLER

„Black Dju Dibonga“. Mit: Richard Courcet, Philippe Léotard u.a. Luxemburg, Belgien 1995, 80 Min.

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