DAS GESETZ ZUR GESUNDHEITSVORSORGE KLINGT GUT UND BRINGT NICHTS : Rot-grüne Stressprävention
Gesundheitsvorsorge finden immer alle gut. Wer wollte etwas dagegen haben, dass die Leute weniger ungesundes Zeug essen und sich mehr bewegen, um den Kranken-, Pflege- und Rentenkassen die Kosten und Folgekosten für Übergewicht und Bluthochdruck zu ersparen? Die Unvernünftigen sind ja immer die anderen. Das Argument, wonach gerade die Armen und Arbeitslosen den Sozialstaat durch übermäßigen Alkohol- und Frittenkonsum bitte nicht weiter belasten mögen, hat außerdem Konjunktur. Motto: Wenn wir euch schon weder Bildung noch Job bieten können, fordern wir euch jetzt wenigstens zum Obstverzehr auf.
Das Präventionsgesetz von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt ist daher auch eine Art Fliegenfänger: Allseitige öffentliche Zustimmung wird an dem ansonsten gänzlich ungenießbaren, weil in hundertprozentigem Behördensprech gehaltenen Gesetzentwurf hängen bleiben. Damit passt das Gesetz perfekt in die rot-grüne Regieanweisung für die zweite Hälfte der Legislaturperiode: Nichts Böses mehr, nur noch demokratische Konsensprojekte für die eigene Wählerschaft oder jedenfalls dafür, die Gegner als Blockierer vorzuführen.
Wie schnell gehen Inhalte da verloren. Denn die Idee der Prävention hat einen guten und richtigen Kern: die zu ermächtigen, die sonst wenig Macht haben, eigene und selbstbewusste Entscheidungen zum Konsumverhalten zu treffen. Prävention, das könnte heißen, das Informationsmonopol der Pharmaindustrie über Gesundheit und Krankheit zu sprengen. Alte Frauen würden nicht die Hälfte ihrer Zeit beim Arzt im Wartezimmer verbringen, weil sie einen Begriff davon hätten, was heilbar ist und was nicht.
Gesundheit und Armut könnten zusammengedacht werden, weil arm krank macht und krank arm. Gesundheitsprobleme sind ein Hauptgrund für Arbeitslosigkeit – und umgekehrt. Doch all dies geht sowohl den jetzt am Schmidt’schen Präventionsgesetz beteiligten Institutionen und natürlich auch der Bundesregierung viel zu weit. Heikles wird in Wahlkampfzeiten ausgespart. Rot-Grün betreibt Stressprävention. ULRIKE WINKELMANN