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Archiv-Artikel

DAS GESETZ ÜBER NEBENJOBS VON ARBEITSLOSEN IST UNGERECHT Ein linkes Sozialdilemma

Es gibt Gerechtigkeitsfragen, vor denen sich auch linke Politiker und Kommentatoren gerne in Allgemeinplätze flüchten. Weil jede Entscheidung immer auch ein bisschen falsch sein wird – wie etwa im Streit um die Nebenjobs von Arbeitslosen.

Das Gesetz zum künftigen Arbeitslosengeld II bedeutet für die Betroffenen nämlich eine drastische Verschlechterung, werden doch die Freibeträge, die Erwerbslose anrechnungsfrei hinzuverdienen können, drastisch gesenkt. Ab dem Jahre 2005, wenn Langzeiterwerbslose nur noch Arbeitslosengeld II bekommen, soll es nur noch prozentuale Freibeträge geben. Ein Alg-II-Empfänger, der beispielsweise 200 Euro brutto hinzuverdient, dürfte davon nur etwa 30 Euro behalten.

Kein Wunder also, dass die Grünen von einer „Panne“ sprechen und den Gesetzespassus nachbessern wollen. Denkbar wäre, einen absoluten Freibetrag wieder so hoch auszugestalten wie heute in der Arbeitslosenhilfe, also bei etwa 165 Euro monatlich. Gerade den chancenlosen älteren Alg-II-EmpfängerInnen könnte man damit Nebenverdienste ermöglichen, die die ärgste Armut verhindern. Das wäre sozial gedacht. Doch es gibt noch eine zweite, dunklere Seite der Medaille: Das ist jene kleine Minderheit der Erwerbslosen, die mit der Kombination „Stütze plus Nebenverdienst“ längst eine eigene persönliche Einkommensrechnung aufmacht, beschäftigt von Unternehmern, die so billige Jobber gewinnen, ohne sich um deren soziale Absicherung kümmern zu müssen. Vollzeitbeschäftigte, die für wenig Lohn ackern und davon noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen, sind angesichts dieser Missbrauchsfälle verbittert.

Die Frage des Hinzuverdienstes für Arbeitslose wird deshalb in diesem Kräftefeld entschieden: zwischen schlecht bezahlten Erwerbstätigen, die Beiträge zahlen und sich die Lebensbedingungen ihrer Nachbarn genau angucken, und jenen Arbeitslosen, die nur noch geringe Chancen haben und froh sind um jede Möglichkeit, der Verarmung zu begegnen. Jede Hinzuverdienstgrenze, die man ansetzt, wird deshalb immer auch ein bisschen falsch sein – das ist ein Sozialdilemma, auch der Linken. BARBARA DRIBBUSCH