DANIELA SCHWABEL über Sticker-Bildchen: „Nächte um die Ohren geschlagen“
Auch im „Tschutti Heftli“ werden Fußballer-Porträts gesammelt – aber jedes ist ein eigenes Kunstwerk. Daniela Schwabel hat Uruguays Mannschaft verewigt.
taz: Frau Schwabel, wie kommt es, dass Sie am Tschutti Heftli mitgemacht haben, das ja in der Schweiz erscheint?
Daniela Schwabel: Im letzten Jahr gab es einen Wettbewerb mit Fußballlegende Pelé in der Jury. Die Aufgabe war, ein Porträt des brasilianischen Weltfußballers zu zeichnen. Dabei habe ich spontan und auf den letzten Drücker mitgemacht – und wurde für das WM-Heft ausgewählt.
Kannten Sie es da schon?
Ich hatte das Heft schon öfter in der Hand. Entdeckt habe ich es beim FC St. Pauli. Die Macher des Heftes haben die eng mit dem Verein verbundene Wasser-Initiative Viva Con Agua damals unterstützt. Beim letzten Heft habe ich sogar die Sticker gesammelt.
Und wie kamen Sie nun als Zeichnerin an die Mannschaft von Uruguay?
Jeder Zeichner durfte drei Wunschteams nennen. Neben Uruguay standen Deutschland und Frankreich auf meinem Zettel.
Gibt es irgendeinen persönlichen Bezug?
Nicht direkt. Ich gehe oft zum FC St. Pauli und interessiere mich für Fußball. Ich wusste also, dass Uruguay zu den Topteams der WM zählen könnte. Das stimmte ja auch, bis zur Niederlage gegen Kolumbien am Samstagabend.
Was war die Idee für die Spieler-Porträts?
Ich mag am liebsten Bleistiftzeichnungen in Verbindung mit Tieren und Pflanzen. Zum Beispiel habe ich Suarez wegen vorheriger Beißattacken etwas Düster-Animalisches mitgeben wollen – und Hörner aufgesetzt. Torwart Fernando Muslera hat mich an Eichhörnchen erinnert. Die halten ihre Nüsse auch immer ganz fest. Dem Mannschaftsschönling Diego Forlan verpasste ich Schwanenflügel.
Ihr Stil ist sehr detailverliebt. Selbst Suarez’ schiefe Boxernase ist zu erkennen. Wie lange dauert es, bis ein Sticker fertig ist?
Das Tschutti Heftli funktioniert wie die Sammelhefte etwa des Panini-Verlags, nur dass es nicht um Fotos von Spielern geht, sondern künstlerische Portraits gesammelt werden.
Gestaltet wird jede Mannschaft von einem anderem Künstler. Wer mitmachen darf, wird durch einen internationalen Wettbewerb entschieden.
Erschienen ist das Heft erstmals zur Fußball-EM 2008. Herausgeber ist ein Verein im schweizerischen Luzern, der ansonsten ein alternatives Fußball-Magazin produziert. "Tschutti" kommt von "tschutten", Schweizerdeutsch für "kicken" oder "bolzen".
Erhältlich sind Heft und Sammelbilder im Online-Shop des FC St. Pauli (www.fcsp-shop.com) sowie in einigen wenigen Läden oder Cafés in Deutschland. Pro Stickertüte gehen zehn Rappen - acht Cent - an Terre des Hommes.
Internet:
Es waren schon einige Nächte, die ich mir um die Ohren geschlagen habe. Manche Spielerporträts waren innerhalb von vier, fünf Stunden fertig, andere haben Tage gedauert.
Fühlen Sie sich nun mit Uruguays Mannschaft verbunden?
Ja, tatsächlich habe ich jedes Spiel der Mannschaft gesehen und ziemlich mitgefiebert. Nach der Niederlage war ich auch kurz enttäuscht. Zum Glück kann ich aber dem DFB-Team noch die Daumen drücken.
Suarez, der später durch eine Beiß-Attacke auf einen Gegenspieler auffiel, als gehörnter, dämonischer Widder …
Na ja, es war ja nicht sein erster Aussetzer. In den ersten Spielen war er aber unglaublich sympathisch. Er hat sich mit den Mitspielern gefreut, selbst nach seiner Auswechslung. Diese Euphorie hat dem Team geholfen. Kurz dachte ich, er hätte aus seinen Fehlern gelernt.
Gibt es Rückmeldungen?
Ja, sogar mehr als ich mir erträumt hätte. Das Heftli kennen doch erstaunliche viele Menschen. Ein paar wollten sogar ein signiertes Stickerbild.
Gibt es eine Tausch-Szene wie bei den bekannten Panini-Sammelalben?
Ja, allerdings ist die deutlich kleiner. Nur in der Schweiz kennt fast jeder die Heftli. Aber ich war auch in Hamburg auf einer Tauschparty und habe Sticker signiert. Außerdem gibt es inzwischen eine App zum Tauschen.
Ein Teil der Erlöse kommt der Hilfsorganisation „Terre des Hommes“ zugute. Haben die beteiligten Künstler ehrenamtlich gezeichnet?
Nein, wir bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung. Die richtet sich nach dem Erfolg des Heftes. Außerdem gab es ein Crowdfunding, um die Zeichner bezahlen zu können. Viel wichtiger als ein Honorar ist für mich aber die Unterstützung von Projekten in Brasilien.
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