Crowdfunding für offene Spielekonsole: Offene Spielekonsole statt Xbox & Co.
4,4 Millionen Dollar hat eine Crowdfunding-Aktion für den Bau einer neuen Open-Source-Spielekonsole eingebracht. Serienreif soll die Xbox-Konkurrenz 2013 sein.
Der Markt für Spielekonsolen ist, so schien es zumindest bislang, endgültig aufgeteilt: Microsofts Xbox 360, Sonys Playstation 3 und Nintendos Wii kontrollieren den Sektor, hier erscheinen die meisten Titel.
Höchstens der zunehmende Erfolg billiger Games für Smartphones und Tablets brachte die Manager in den letzten Jahren ins Schwitzen. Weitere Hardware-Konkurrenz fürchteten sie dagegen nicht – externe Wettbewerber waren bislang ausnahmslos gescheitert.
Ein Crowdfunding-Projekt, das aktuell auf der Plattform Kickstarter läuft, dürfte die heimelige Szene nun allerdings in Aufruhr versetzen: Für Ouya, eine neuartige Spielekonsole, die auf offener Hard- und Software basiert, wurden in nur wenigen Tagen fast 4,4 Millionen US-Dollar von über 34.000 Unterstützern beigesteuert – ursprünglich waren nur 950.000 Dollar erhofft worden.
Ein Wunsch nach Alternativen zur Konsolen-Top 3 scheint also zu bestehen. „Bis zu dieser Woche dachten viele Leute, wir seien verrückt“, sagen die Projektmacher aus Los Angeles. „Nun werden wir uns darauf konzentrierten, zu liefern.“.
Ein Android-basiertes Betriebssystem
Zu einem Verkaufspreis von nur 100 Dollar soll eine voll funktionsfähige Hardware geliefert werden – ein Vier-Kern-Chip der Bauart Tegra3 von Nvidia, 1 GByte Hauptspeicher, 8 GByte Flash sowie WLAN, USB 2.0 und Bluetooth. Angeschlossen wird die Konsole an Full-HD-Fernseher, ein drahtlos Gamepad in klassischer Konfiguration liegt bei, das über ein zusätzliches Touchpad verfügt.
Bei der Software setzt das Projekt auf eine angepasste Version des Google-Betriebssystems Android, dank der es auch möglich sein dürfte, für andere Hardware geschriebene Spieletitel auszuführen, ohne dass es zu großen Anpassungen kommen muss.
Es ist aber auch geplant, speziell für die Ouya entwickelte Titel anzubieten, die dann im Internet vertrieben werden. Im Gegensatz zu vielen Android-Handys wird die Konsole von vorne herein zum Hacken freigegeben sein – Nutzer erhalten einen vollen Software-Zugriff als "Root".
An die Hardware kommt zudem jeder Interessierte mit wenigen Handgriffen heran. Statt das Gerät mit Kleber oder Spezialschrauben zu vernageln, ist es leicht zugänglich, was Ergänzungen oder Erweiterungen aus der Bastlerszene erlaubt. Damit könnte die Konsole dann beispielsweise in einigen Jahren, statt eine teure neue Version zu kaufen, einfach nachgerüstet werden.
Kein DRM
Rechteschutzverfahren (Digital Rights Management, DRM) werden ganz im Geiste der Offenheit von Ouya auch nicht eingesetzt werden. Stattdessen sollen die meisten Titel nach dem sogenannten Free-to-Play-Prinzip angeboten werden: Dabei lässt sich das Standardspiel gratis nutzen, nur zusätzliche Level oder Ausrüstungsgegenstände kosten Geld. Ouya will sich als Vertriebskosten dafür dann 30 Prozent abknapsen, wie man dies schon bei Googles Play-Laden und dem Apple App Store kennt.
Hinter der Konsole stecken keine spielbegeisterten Amateure, sondern Fachleute – so etwa Entwickler des Game-Konzerns Vivendi oder erfahrene Hardwaregestalter, die sich selbständig gemacht haben. Auch Ex-Mitarbeiter von Amazon und Gamefly sind an Ouya beteiligt. Damit die Plattform funktionieren kann, muss allerdings möglichst viel geeignete Software her. Dazu haben die Ouya-Macher verschiedene Größen aus der unabhängigen Entwicklerszene angesprochen, die ihre Titel auf die Plattform holen sollen.
Dank der Android-Nutzung dürfte dies vergleichsweise einfach werden, was dem Projekt sofort Auftrieb geben soll. Doch bevor Ouya wirklich gegen Xbox 360 und Co. antreten kann, muss die Hardware erst einmal in größeren Stückzahlen verfügbar sein. Bis es soweit ist, wird noch einige Zeit ins Land gehen: Nach Ende der Crowdfunding-Aktion in einem knappen Monat muss zunächst die Massenproduktion angekurbelt werden. Der offizielle Verkaufsstart ist für März 2013 geplant.
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