Crash! Boom! BAU!: Bauhaus satt
Weimar goes Modernity: Zeitgenössische Künstler nervt der Kult ums Bauhaus. Sie fordern mehr Mittel und Aufmerksamkeit für die neue Kunst
Wo stehen heute Bauhaus-Möbel? In der Chefetage!", gibt Janek Müller zu denken. Oder im Museum. Vom "Design fürs Volk" kann nicht die Rede sein. "Das Bauhaus ist heute absolut elitär", so der Weimarer Theatermacher. Das Staatliche Bauhaus, einst in Weimar gegründet, ist dieses Jahr 90 geworden. Stadt, Land und Klassik-Stiftung Weimar feiern es mit geballter Marketingkraft. "90 ist ein ehrenwertes Alter", findet Janek Müller. "Aber jedes Jahr ein Jubeljahr - das ist nervig." Seiner Meinung nach hat sich die "Impuls-Region Erfurt-Weimar-Jena", wie sie sich nennt, einen touristischen Coup einfallen lassen.
Das Ergebnis ist eine museale, historische Würdigung des Bauhauses. "Das Bauhaus kommt aus Weimar" heißt die Ausstellung, die dezentral in den Museen der Klassik-Stiftung stattfindet und die den Schwerpunkt auf die Bezüge zwischen dem frühen Bauhaus und, wie sollte es auch anders sein, der klassischen Epoche Weimars legt. Nach Weimar kommen zahlreiche Leihgaben anderer Bauhaus-Standorte, vieles auch aus Privatbesitz. Bisher hatten sich die Exponate in einer ständigen Ausstellung im Bauhaus-Museum gedrängt. Jetzt sind sie auf fünf Häuser verteilt. Ist das Bauhausjahr Druckmittel für den Bau eines neuen Bauhaus-Museums?
An den Ausstellungsorten tauchen hier und da auch Werke heutiger Studenten der Bauhaus-Universität auf. In deren Ausstellungsraum "marke punkt sechs" im Untergeschoss des Neuen Museums treffen die frühen Medienkunstexperimente des Lázló Moholy-Nogy auf aktuelle Audiovisionen made in Weimar. Im Kino weist ein Schild den "Fluchtweg Klassik", der wieder nach oben in die Werkstättenschau führt. Die ewige Klassik auch in der Moderne? "In Weimar gibt es zu viel nur gegenwärtig gemachte Vergangenheit", sagt der Kulturschaffende Janek Müller. Da bleibt nicht viel Geld übrig für zeitgenössische Kunst. Dennoch kann Müller nicht meckern. Sein vom 1. bis 17. Mai 2009 in Jena stattfindendes Festival "Crash! Boom! BAU!" hängt sich ebenfalls das Bauhaus-Schild um und konnte aus dem Jubiläumstopf schöpfen. Nicht in klassischer Rückbesinnung, sondern in einer szenografischen Auseinandersetzung mit der Bauhaus-Bühne im Hier und Jetzt.
Für das Festival wirbt eine in Weimar ansässigen Künstlergruppe: Die Human Dollz bereisten anonym, die ikonischen Bauhaus-Formen auf dem Kopf, die Bauhaus-Stätten im ganzen Land und posierten für Fotos und Videos. Als entpersonalisierte Figurinen erinnern sie an Oskar Schlemmers "Triadisches Ballett". Doch hier liegt der Fokus auf dem Virtuellen und nicht wie damals auf dem Maschinellen. Immer mit der Zeit gehen! Ganz im Sinne des Bauhauses. SOFIA SHABAFROUZ
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!