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Costa Rica: Umweltskandal bei Standard Fruit

■ Hunderte von Plantagenarbeitern bei der Standard Fruit Company sind unfruchtbar geworden / Sie hatten mit einem hochgiftigen Schädlingsvernichtungsmittel gearbeitet / Auch das Grundwasser in der Bananenregion dürfte von den Insektiziden betroffen sein

San Jose (afp) -Rund 500 costaricanische Bananenplantagenarbeiter sind durch ein hochgiftiges und krebserregendes Schädlingsvertilgungsmittel, das auf Plantagen der amerikanischen Standard Fruit Company eingesetzt wurde, unfruchtbar geworden. Wie die Betroffenen jetzt mitteilten, werden sie die US–Chemiekonzerne Dow Chemical und Shell Chemical auf Schadenersatz verklagen. Die Zeitung La Nacion, größte Tageszeitung in San Jose, veröffentlichte am Dienstag eine Reportage über das Drama der Plantagenarbeiter. Dem Bericht zufolge verkauften die beiden Chemiekonzerne bis Ende 1978 der Standard Fruit die Nematizide (Spezialmittel zur Bekämpfung von Fadenwürmern) „Fumazone“ und „Namagon“, deren Wirkstoff DBPC (Dibrom– Chlorpropan) von der Weltgesundheitsorganisation als äußerst krebserregend und sterilisierend eingestuft wurde, und deren Produktion 1977 auf Anweisung der amerikanischen Umweltschutzbehörde eingestellt wurde. Standard Fruit setzte das Mittel zwischen 1972 und Ende 1978 auf den Plantagen Rio Frio und Valle de la Estrella ein. Die ersten nachgewiesenen Fälle von Vergiftung und Unfruchtbarkeit durch die Mittel wurden 1977 bekannt, als diese vom Markt gezogen wurden. Wie aus Hafenregistern Costa Ricas hervorgeht, schickte Dow Chemical aber noch im November 1978 20.000 Kilo Fumazone für die Bananenplantagen der Standard Fruit nach Costa Rica. Jedoch schalteten sich die costaricanischen Gesundheitsbehörden - die von der US–Botschaft über die Schädlichkeit des Produktes unterrichtet worden waren - ein und die Fracht ging nach La Ceiba in Honduras. Ärzte in Costa Rica gehen davon aus, daß es bei den Unfruchtbarkeitsfällen eine hohe Dunkelziffer gibt. Viele Plantagenarbeiter, die bis 1978 mit dem Schadstoff in Berührung kamen, seien später in andere Regionen abgewandert und seien womöglich ebenfalls steril, ohne jedoch einen Arzt aufgesucht zu haben und somit statistisch erfaßt worden zu sein. Es wird damit gerechnet, daß es insgesamt 1.500 Fälle geben könnte. Der Toxikologe Rodrigo Chaves fürchtet, daß sich durch Spuren des Schädlingsvertilgungsmittels im Wasser der Bananenregion zahlreiche Fälle von Magenkrebs ergeben könnten. Ärztlichen Gutachten der USA zufolge ist DBPC noch fünfzehn Jahre nach seiner Verwendung krebserregend. Die betroffenen 500 Arbeiter, für die die Sterilität mit großen familiären und sozialen Problemen verbunden ist, werden bei ihrer Klage gegen die US–Konzerne seit Monaten von Ärzten und Anwälten in Costa Rica sowie einer renommierten amerikanischen Anwaltskanzlei, die auf Umweltfragen spezialisiert ist, unterstützt. Die Anwälte gehen davon aus, daß in den USA im Falle einer Verurteilung höherer Schadenersatz erreicht werden könnte. Betroffenen Arbeitern, die bereits in Costa Rica klagten, wurden nur symbolische Summen von 200 und 300 Dollar zugesprochen. Den amerikanischen Gesetzen nach könnten sie jedoch mit Summen bis zu 750.000 Dollar rechnen.

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