Corporate Identity: Nigeria händeln lernen
■ Bremer StudentInnen lernten beim Werbeleiter von Shell vieles über Firmenimage und Glaubwürdigkeit
Wer später mal seine Brötchen damit verdienen will, daß er sich in den höheren Etages des Managements größerer Betriebe aufhält, tut gut daran, während des Studiums nicht nur Bücher zu lesen und Vorlesungen anzuhören. Eine Studenteninitiative namens „Market Team“ arbeitet bundesweit daran, Studenten mit Leuten aus der Wirtschaft zusammenzubringen – in Workshops und Seminaren. Die Bremer Sektion von „Market Team“ fiel bislang besonders durch ein Weinseminar mit Vertretern des Deutschen Weininstituts im Bremer Ratskeller auf. Gestern aber hatte sie einen dicken Fisch an der Angel – Otto Rieckhoff, Werbeleiter der Deutschen Shell AG in Hamburg.
16 Studies (BWLer, Psychologen, Kulturwissenschaftler, Japanologen etc.) hatten sich im BITZ an der Uni zum Workshop eingefunden. Thema: Corporate Identity (C.I.), durchaus, aber nicht nur unter dem Aspekt „jüngst eingetretener Imageverlust“ bei Shell. Eine leckere Aufgabe für aufstrebende Jungmanager: Erst der Image-GAU mit der Ölplattform, dann die späte Einsicht-Kampagne namens „Wir werden uns ändern“ und nun Nigeria, Shell dealt mit Mördern. Das ist C.I. unter erschwerten Bedingungen.
Otto Rieckhoff, braungebrannt, im besten Alter, allerdings bedrückt wirkend, war auf jeden studentischen Anwurf gegen seinen Arbeitgeber gefaßt, indes: Anwürfe blieben aus. „Hier muß ich niemand umpolen“, freute er sich, „die Leute interessieren sich dafür, wie wir unser Image kommunizieren.“ Und so fiel ihm nicht schwer, die aktuellen Imageverluste von Shell in langfristige Werbestrategien zu einzubetten.
Früher hatte man ja mal nur mit dem Produkt geworben (Benzin). Vor ein paar Jahren begann man, „neue Felder zu besetzen“, Stichwort „social marketing“: Shell unterstützt Verkehrserziehung und Behinderten-Wohnungen. Die Kampagne: Gutes tun und darüber reden. Das ging gut bis Brent Spar, „da konnten wir die Kampagne wegen Problemen mit der Glaubwürdigkeit nicht mehr weitermachen.“
Rettung in Not brachten die „Wir werden uns ändern“-Anzeigen - große Akzeptanz! So händelt man ein Imageproblem! Aufs Handling von Nigeria hat Herr Rieckhoff leider keinen Einfluß: „Das wird international gehändelt, von Shell London.“
Die Bremer Studenten durften gestern dann daran gehen, auf dieser Basis eine Corporate-Identity-Kampagne für Shell und die nächsten paar Jahre zu entwickeln. „Erst ein Brainstorming, und dann ein Konzept entwickeln ganz aus der studentischen Perspektive, nicht befangen von Realität,“ verriet Marc Walther vom „Market Team“ aus den Arbeitsgruppen. „Wir wollen,“ versicherte der Wirtschaftswissenschaftler im 5. Semester glaubhaft, „sachlich und unpolitisch darangehen.“
Demnächst wird man im „Market Team“ zusammen mit Herrn Hennemann einen Rettungsplan für den Bremer Vulkan entwickeln. Oder auch nicht. BuS
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