Corona-Höhepunkt ist noch nicht erreicht: Mit US-Nationalgarde gegen das Virus
Unter der Corona-Ausbreitung ächzen die Börse und die Tourismusbranche. Die Olympischen Spiele in Tokio werden aber vorerst nicht abgesagt. Eine Übersicht.
BERLIN reuters/afp/dpa/taz Trotz der raschen Ausbreitung von Sars-CoV-2 ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gegen Reisebeschränkungen innerhalb der Europäischen Union. „Ich fände jede Maßnahme, die zur Einschränkung des Reiseverkehrs über die Grenze führt, angesichts dessen, was wir über das Virus Stand heute wissen, weiterhin nicht für angemessen“, sagte der CDU-Politiker am Freitag vor einem EU-Sondertreffen in Brüssel. „Und wenn wir da einen Konsens hätten heute, fände ich das ein wichtiges Signal.“
Auch die Mehrheit der Deutschen hält laut einer aktuellen Umfrage die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus für ausreichend. 69 Prozent der Befragten sind der Meinung, hierzulande werde genug getan, wie aus dem ZDF-Politbarometer hervorgeht. Im Februar waren es demnach noch 80 Prozent. 26 Prozent halten die Vorkehrungen hingegen für zu gering.
39 Prozent der Befragten erklärten zudem, dass sie wegen des Coronavirus Veranstaltungen mit größeren Menschenmengen meiden. 50 Prozent ändern ihr Verhalten den Angaben zufolge hingegen nicht.
Das Coronavirus breitet sich in Deutschland weiter aus. Das Robert-Koch-Insitut (RKI) meldete am Freitagmorgen bundesweit 534 Fälle. Das sind 134 mehr als noch am Donnerstagnachmittag. Betroffen sind alle Bundesländer bis auf Sachsen-Anhalt, das bislang keinen Corona-Fall gemeldet hat. Mit 281 Erkrankungen entfällt mehr als die Hälfte der bundesweiten Infektionen auf Nordrhein-Westfalen. Baden-Württemberg meldete 91 Fälle, Bayern 79.
![Ein mitarbeiter des Roten Kreuzes empfängt Menschen mit in einem Krankenhaus. Ein mitarbeiter des Roten Kreuzes empfängt Menschen mit in einem Krankenhaus.](https://taz.de/picture/4016299/14/249171712-2.jpeg)
Angst bestimmt den Wertpapierhandel
Die Anleger an der Frankfurter Börse haben zum Wochenschluss ihr Geld in Sicherheit gebracht. Der Dax ging 2,1 Prozent schwächer bei 11.700 Punkten in den Handel. „Die Corona-Angst ist zurück an den Börsen“, erläuterte Thomas Altmann, Portfoliomanager bei der Vermögensverwaltung QC Partners. Inzwischen sei allen Anlegern bewusst, dass das Coronavirus Spuren in den Unternehmensgewinnen hinterlassen werde. Allerdings gingen die Ansichten in der Frage auseinander, wie tief diese Spuren ausfielen.
Gefragt waren als sicher geltende Bundesanleihen. Die Rendite der zehnjährigen Papiere fiel auf minus 0,723 Prozent und liegt damit nur noch knapp über ihrem Rekordtief. In den USA sind die Renditen so niedrig wie nie zuvor.
Reisemarkt könnte 2020 um 1,5 Prozent schrumpfen
Die Corona-Pandemie wirkt verheerend auf die weltweite Reisebranche. Unternehmen streichen Geschäftsreisen; Messen und andere Großveranstaltungen fallen aus, Verbraucher zögern mit ihren Urlaubsbuchungen. Veranstalter, Hotelbesitzer und Branchenexperten befürchten, die Branche mit ihren über 300 Millionen Arbeitsplätzen werde in eine schwere Krise schlittern. Es trifft Airlines, Hotels und Reiseveranstalter.
In Deutschland begannen die Reisebuchungen ab Mitte Februar zu sinken, erklärte Dörte Nordbeck von Travel Data + Analytics. In der vergangenen Woche lagen sie 37 Prozent unter Vorjahr. „Es ist eine generelle Zurückhaltung zu beobachten. Aber der Urlaub hat einen so großen Stellenwert, dass es vielleicht nur eine vorübergehende Zurückhaltung ist, die sich ausgleichen kann“, sagte sie in einer Online-Pressekonferenz, die ersatzweise zur abgesagten Reisemesse ITB in Berlin abgehalten wurde.
Nach einer Umfrage des Reisevermittlungsportals Urlaubspiraten unter 27.000 Nutzern erklärten 72 Prozent, sie hielten an ihren bestehenden Reiseplänen fest. Nur neun Prozent hätten ihre anstehenden Reisen storniert oder verschoben. Gut ein Drittel warte mit dem Buchen noch ab, wie sich die Lage weiter entwickelt.
Experten des Beratungsunternehmens Tourism Economics schätzen, dass der Reisemarkt in diesem Jahr um 1,5 Prozent schrumpfen wird.
Testkits für die „Grand Princess“
Mit einer spektakulären Aktion haben US-Soldaten Coronavirus-Testkits auf ein Kreuzfahrtschiff vor San Francisco gebracht. Mitglieder der Nationalgarde seilten sich von einem Hubschrauber ab, um das Material an Bord der „Grand Princess“ zu bringen. Später wurden die Proben in ein Labor geflogen. Etwa 45 der rund 3.500 Menschen an Bord seien auf das Virus getestet worden. Die Resultate würden für Freitag erwartet.
Die Behörden hatten das Kreuzfahrtschiff nach dem Coronavirus-Tod eines früheren Passagiers etwa rund 100 Kilometer vor der Küste Kaliforniens gestoppt. Vier ehemalige Passagiere seien nach einer vorherigen Reise mit dem Schiff positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden, hieß es. Rund 20 Menschen an Bord der „Grand Princess“ zeigten aktuell erkältungsähnliche Symptome.
Bevor das Schiff wie geplant in San Francisco anlegen könne, müsse das Ergebnis der Tests abgewartet werden, hatte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom gesagt. Insgesamt sollen sich rund 2.400 Passagiere und 1.100 Crewmitglieder an Bord befinden.
![Passagiere auf dem Kreuzfahrtschiff Grand Princess bobachten einen Militärhubschrauber. Passagiere auf dem Kreuzfahrtschiff Grand Princess bobachten einen Militärhubschrauber.](https://taz.de/picture/4016299/14/24914353-3.jpeg)
Olympia soll möglichst stattfinden
Eine Absage der Olympischen Spiele in Tokio wegen der Coranvirus-Ausbreitung wäre für DOSB-Präsident Alfons Hörmann eine „einschneidende Maßnahme“. Dies hätte mit Blick auf die wirtschaftlichen Konsequenzen „eine ganz andere Dimension“ als etwa eine Verschiebung. Er sei aber „zuversichtlich, dass es klappen wird“.
IOC-Präsident Thomas Bach hatte zuletzt Spekulationen über eine Absage oder Verschiebung von Olympia kategorisch abgelehnt. Ein derartiges Szenario sei in den Exekutivsitzungen des Internationalen Olympischen Komitees nicht diskutiert worden.
Japan zählt bisher ein Dutzend Todesfälle in Verbindung mit dem Virus. Die meisten Sportveranstaltungen sowie vorolympischen Wettkämpfe wurden in dem Land bereits abgesagt, um eine Ausbreitung des neuartigen Virus Sars-CoV-2 zu verhindern.
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