: Coop-Rosinen gehen an die Rewe-Zentrale
■ Keine Gesamtlösung / Rücktritt im Aufsichtsrat / Sanierer Friderichs warf das Handtuch Unklare Zukunft für 1.300 Filialen / Bundeskartellamt verhängte Bußgelder
Berlin (taz) - Aller Voraussicht nach wird es für den hochverschuldeten Einzelhandels-Konzern coop keine Gesamtlösung geben. In der Nacht zum Dienstag trat der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Friderichs, der dieses Konzept verfocht, von seinem Posten zurück. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister hatte sich seit November 1988 um eine Sanierung des Unternehmens bemüht und eine Sanierung aus eigener Kraft favorisiert. Mit Friderichs verließen zwei weitere Aufsichtsratsmitglieder ihr Kontrollgremium.
Damit hat sich die Deutsche Genossenschaftsbank mit ihrem Chef Helmut Guthardt durchgesetzt, die 67,5 Prozent der Coop -Aktien hält. Danach wird die coop nicht nur verkauft, sondern auch zerlegt. Für den Handelsriesen mit seinen zehn Milliarden DM Umsatz und Schulden in noch immer unklarer Höhe lagen drei Angebote vor: eine vollständige Übernahme durch ein Konsortium aus dem britischen Mischkonzern Lonrho und den Handelsketten Asko und Metro, ein Komplettkauf durch die DDR-Konsumgenossenschaften (hinter dessen Finanzierung wiederum Asko stecken soll), und ein Verkauf von rund 600 der insgesamt 1.900 Coop-Läden an die Rewe-Zentral-AG in Köln. Nach der Aufsichtsratssitzung sagte DG-Chef Guthardt, der eine Eigenfinanzierung abgelehnt hatte: „Wir halten das Rewe-Konzept für das beste.“
Danach verkauft die DG-Bank vor allem die Läden in Bayern und Baden-Württemberg an die Rewe, die selbst genossenschaftsnah ist. Möglich ist auch, daß die Berliner Filialen an den DDR-Konsum anstatt an Rewe gehen sollen. Über den Preis wurde nichts bekanntgegeben. Unklar ist ferner, was mit den restlichen 1.300 Läden passieren soll. Guthardt-Vize Karl Fehrenbach sagte nur, daß nach Abschluß aller Maßnahmen auch ein eigener Teil von coop übrig bleiben könne. Der Verkauf soll bis November dieses Jahre über die Bühne gegangen sein.
Vom Kartellamt war noch keine Stellungnahme zu den Vorhaben zu erfahren. Bei Zusammenschlüssen im Einzelhandel wird vor allem die Marktbeherrschung geprüft, die das neue Unternehmen als Anbieter hat, und die Nachfragemacht gegenüber den Lieferanten.
Mit Coop-Aufräumarbeiten hatte sich die Behörde noch in den letzten Tagen beshäftigt. Das Amt gab bekannt, daß es Bußgelder über insgesamt 540.000 DM gegen die Basler Handelsbank, einen Bankmanager und zwei ehemalige Coop -Vorstandsmitglieder verhängt haben. Die Basler Handelsbank ist eine Tochter des früherern Coop-Miteigentümers und Großgläubigers Schweizerischer Bankverein und soll über Jahre hinweg dem Bundeskartellamt vorätzlich falsche Angaben darüber gemacht haben, daß der Kauf der Lebensmittel -Selbstbedienungskette Wasmund im Jahr 1984 im Interesse und auf Rechnung der coop erfolgt ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
diba
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen