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Comicfestival MünchenAntiheld und Spinatmatrose

Die Erforschung der Vergangenheit von Karikatur und Comic gibt dem Genre neuen Stoff. Und Donald Duck ist auch schon 75 Jahre alt.

Sieht noch gar nicht aus wie 75: Kultente Donald Duck. Bild: ap

Alles eine Nummer kleiner, aber nicht notwendigerweise schlechter: Das Comicfestival in München, dass alternierend zum größeren Comic Salon in Erlangen jedes zweite Jahr stattfindet, ging in die neunzehnte Runde und setzte sogar unerwartete Akzente. Es scheute sich beispielsweise nicht, Politik innerhalb der Comics zu einem Thema zu machen, aber auch etwas Old-School-Pornografie und filmischen Trash aus der Türkei zu präsentieren. Dazu gehörte "Süpermen Dönüyor" (1979), ein Film, der den Begriff "Exploitation" neu definiert: Der ein Jahr zuvor entstandene "Superman: The Movie" wird hier auf billigste Weise schamlos ausgeplündert, und auch aus dem Soundtrack wird ungeniert geklaut. Das ist dann wohl schon copy + waste?

Doch in erster Linie ging es um Comics: Donald Ducks 75. Geburtstag sollte kulturwissenschaftlich gewürdigt werden: Der FAZ-Feuilletonleiter und Donaldist (Deutsche Organisation der Anhänger des nichtkommerziellen Donaldismus) Patrick Bahners referierte über den Ästhetizismus von Kunstwerken, die innerhalb der Donald-Duck-Comics auftauchen. In einem Lichtbildvortrag dargebotene Beispiele aus den Comics lieferten eine zusätzliche humoristische Komponente, so dass die anspruchsvolle, aber selten trockene Thematik nicht allzu bierernst aufgefasst werden musste - war doch der Vortragsort das Bier- und Oktoberfest-Museum.

Das Werk von Olaf Gulbransson (1873-1958) wurde dagegen im Karl-Valentin-Musäum gewürdigt. Der Simplicissimus-Zeichner lebte lange am Tegernsee unweit von München. Sein Enkel Jan Gulbransson ist übrigens einer der wenigen deutschen Donald-Duck-Zeichner. Lars Fiske und Steffen Kverneland aus Norwegen machten den Karikaturisten zum Thema ihres Buches "Olaf G.", das in Comicform aus dessen Leben erzählt, und sie gaben in einem Interview darüber Auskunft. Anschließend konnte man die beiden Zeichner in der Gulbransson-Ausstellung dabei erleben, wie sie lebhaft dessen Werk diskutierten.

Authentischer kann einem der Entstehungsprozess eines grafischen Werkes wie "Olaf G." kaum nahegebracht werden, das in seiner stilistischen Mischung aus Karikatur, Malerei und den Arbeiten Gulbranssons sowie biografischen Details eine amüsante und kunsthistorische Lektion darstellt.

Die sowohl lokale als auch comicgeschichtliche Verknüpfung, die hier von den Festivalmachern beabsichtigt war, ging voll auf. Die Aussage der norwegischen Künstler, dass die Beschäftigung mit Kunst außerhalb der Comicszene und damit der Blick hinaus über den eigenen Tellerrand der neunten Kunst zuträglich sei, kann auch im Hinblick auf die Verankerung politischer Themen innerhalb der stattfindenden Panels nur begrüßt werden. So wird im Werk über Gulbransson auch dessen Kollaboration mit der neuen politischen Ordnung ab 1933 in Deutschland beleuchtet. Und dass die Comickunst vor rechtsextremer Vereinnahmung auch heute nicht sicher ist, zeigte Ralf Palandt in seinem Vortrag "Braune Comics?! Bilder vom rechten Rand der Gesellschaft" auf, der mit erschreckenden Bildbeispielen aufwartete. Nachzulesen ist sein Artikel im Comic-Jahrbuch der Incos 2009. Fiskes und Kvernelands empfehlenswerter Gulbransson-Comic erschien im avant-verlag.

Popeye hat dies Jahr ebenfalls 80. Geburtstag, der wurde aber leider nicht begangen. Zu sehen war der oft mit Spinat assoziierte Matrose trotzdem, allerdings nur für Erwachsene: In der "Tijuana Bibles"-Präsentation, die sich namentlich an die pornografischen Parodien von populären Comicfiguren der Dreißigerjahre anlehnte (leider nur von geringem Umfang und ausgerechnet vor den Toiletteneingängen platziert), wurden Gretas erotisch-humoristische Adaptionen deutscher Comicfiguren wie Fils "Didi und Stulle" oder Mahlers "Flaschko" gezeigt, allerdings deutlich zahmer als die historischen Vorbilder. Popeye allerdings war hier als "Tijuana Bible"-Version durch das Guckloch einer Peepshow zu bewundern - und zeigte auf acht Bildern dann auch so ziemlich alles.

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1 Kommentar

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  • I
    ICOM
    Nachzulesen ist sein Artikel im Comic-Jahrbuch der Incos 2009.

    Bißchen zerstreut gewesen oder seit 25 Jahren die Comicszene nicht beobachtet?

    Es gibt kein Comic-Jahrbuch der INCOS (übrigens ein kleiner Verband von Comic-Sammlern mit Schwerpunkt in Berlin), sondern nur ein COMIC!-Jahrbuch des Interessenverbandes Comic e.V. ICOM (erscheint seit 2000).

    Der ICOM hat übrigens auch das Comicfestival in Erlangen mitbegründet und den Max-und-Moritz-Preis erfunden. Seit 1994 vergibt der ICOM den Independent Comic Preis, der dieses Jahr wieder auf dem Münchner Comicfestival vergeben wurde.