Cohn-Bendit über seinen neuen Job: "Tragödien auf dem Fußballplatz"

Profifußball statt Politik: Der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit spricht über seinen neuen Job als Sportkommentator im französischen Fernsehen.

Tor, Tor, Tor! Kommentator Daniel Cohn-Bendit. Bild: rtr

taz: Herr Cohn-Bendit, warum werden Sie Kommentator beim Sender Canal+?

Daniel Cohn-Bendit: Sportkommentator ist ein bisschen zu viel gesagt. Ich werde als einer der vielen Kommentatoren von Canal+ bei den Sportdiskussionen im Rahmen der Sendung "Les Spécimens" mitmachen, die immer freitags läuft. Zuerst einmal werde ich das alle paar Wochen machen, später vielleicht öfter. Aber nicht oft genug, um meinen Job als Europaabgeordneter aufgeben zu müssen.

Was reizt Sie an diesem Projekt?

Daniel Cohn-Bendit, 65, wurde im französischen Montauban geboren. Er studierte Soziologie in Paris. Seit 1994 ist der 68er-Revoluzzer für die Grünen im Europaparlament.

Ich bin fußballverrückt, seit ich sechs Jahre alt bin. Und ich habe Erfahrung: 1984 war ich Kokommentator bei einem französischen Radiosender, als Frankreich Weltmeister wurde, während der vorletzten Europameisterschaft und Weltmeisterschaft habe ich für Le Monde und das Équipe Magazine Kolumnen geschrieben.

"Fußball ist nicht gerecht", haben Sie einmal gesagt. Wird er nun gerechter kommentiert?

Das ist ja das Spannende: Fußball ist eine der wenigen Sportarten, in der nicht immer die Besseren gewinnen. Also kann es nicht darum gehen, Fußball gerecht zu kommentieren, sondern darum, die menschlichen Tragödien auf dem Platz herauszuarbeiten.

Erobern die Grünen mit Ihnen als Kommentator nun endgültig die Mitte der Gesellschaft?

Nein, das kann man nicht sagen. Ich bin ja schon seit den 80er Jahren im Fußball anerkannt, das ist also kein neues Phänomen bei einem Grünen. In der Mitte der Gesellschaft ist die Partei schon lange angekommen, nicht erst seit dem aktuellen Umfragehoch der Grünen.

Sie planen ja auch einen Film über die WM 2014 in Brasilien.

Als ich vor Kurzem in Brasilien war, ist mir etwas aufgefallen: Die Menschen dort glauben zu wissen, dass Brasilien 2014 praktisch schon gewonnen hat! Und bei all meinen Versuchen, den Leuten zu erklären, dass Fußball elf gegen elf ist - also nicht vorhersagbar -, bin ich gescheitert. Über diese Begeisterung will ich einen Film machen, und sechs bis sieben Brasilianer aus allen Schichten vor und während der Weltmeisterschaft begleiten. Das Ganze soll in einer Katharsis enden: griechische Tragödie oder Wahnsinn?

Was muss man in Zukunft von Ihnen erwarten?

2014 endet ja mein Mandat, da bin ich 69 Jahre alt. Dann war ich 20 Jahre im Europaparlament - und das genügt. Mein Wunsch, andere Sachen als Politik zu machen, war immer da, und das habe ich ja auch immer gemacht. Im Dezember oder Januar läuft erst einmal die erste Sendung mit mir bei Canal+. Und dann werde ich weiter sehen. Mein Wunsch ist natürlich, einmal ein Spiel Bayern München gegen Eintracht Frankfurt zu kommentieren, in dem natürlich die Eintracht gewinnt. Oder vielleicht werde ich ja auch Bundesliga- oder Champions-League-Spiele kommentieren. Die Zukunft gehört mir!

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