Club der 19 Finanzminister: Eurogruppe braucht neuen Chef
Der Chef der mächtigen Eurogruppe, Mário Centeno, legt sein Amt nieder – verschlissen von zähen Grabenkämpfen.
taz |
Als mögliche Nachfolger werden die spanische Finanzministerin Nadia Calviño, der Luxemburger Pierre Gramegna und der Ire Paschal Donohoe gehandelt. Allerdings würden es viele in Brüssel lieber sehen, wenn die Gruppe künftig nicht mehr in einer Art „Teilzeit“ von einem nationalen Politiker, sondern von einem hauptamtlichen „europäischen“ Präsidenten geführt würde.
Centeno war erst seit Dezember 2017 auf dem Posten, der im EU-Vertrag ebenso wenig vorgesehen ist wie die Eurogruppe selbst. Es handelt sich um ein informelles Gremium, in dem traditionell die Deutschen den Ton angeben. Der Portugiese hatte es von Anfang an schwer, da er nicht auf einer Linie mit dem Bundesfinanzministerium in Berlin lag.
Zuletzt hatten sich die Beziehungen zwar etwas entspannt. Denn Berlin hat seinen harten Sparkurs aufgegeben und ist auf eine antizyklische Fiskalpolitik eingeschwenkt, die sogar die Aufnahme von EU-Schulden möglich macht. Doch zuvor hatte sich Centeno in zähen Verhandlungen über ein neues Eurobudget verschlissen. Auch der wochenlange Streit über ein 540 Milliarden Euro schweres Rettungspaket wegen der Coronakrise hat Spuren hinterlassen. Immerhin brachte Centeno eine schnelle Einigung zustande.
Sein Nachfolger muss sich nun um den 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds kümmern, den die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Damit beginne „ein neuer Zyklus für die Eurogruppe“, sagte er. Das letzte Wort haben allerdings die Staats- und Regierungschefs der EU. Der Chef der Eurogruppe darf nur die mühsame Feinarbeit machen.
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