: Clintons außenpolitischer Eiertanz
■ Der US-Präsident sieht Fortschritte in der chinesischen Menschenrechtspolitik / Menschenrechts- gruppen sind anderer Ansicht / Verlängerung der Zollpräferenzen für Peking wahrscheinlich
Berlin (taz) – Wird die US-Regierung die Gewährung der Zollvorteile für China verlängern, die am 3. Juni auslaufen? Alle Zeichen deuten darauf hin. Knapp einen Monat vor dem Stichtag sieht die US-Regierung „ermutigende Hinweise“ in der chinesischen Menschenrechtspolitik. Auf die Frage einer chinesischen Reporterin im US-Sender CNN hatte US-Präsident Bill Clinton am Mittwoch geantwortet, es habe diesbezüglich „einige Fortschritte“ in der Haltung Chinas gegeben. In seinem offensichtlichen Bemühen, versöhnliche Töne gegenüber China anzuschlagen, sprach Clinton in dem gleichen Interview davon, daß es „nach den Schwierigkeiten im Jahr 1989 am Tiananmen-Platz“ einige Spannungen im Verhältnis zwischen beiden Ländern gegeben habe. Eine Beendigung der Handelsvorteile für China würde dem wirtschaftlichen Vorankommen des Landes ebenso wie dem Lebensstandard vieler Millionen Chinesen schaden. Das sei sein Wunsch nicht.
Bill Clinton hat die Verlängerung der Handelspräferenzen für China bislang von einer „umfassenden und signifikanten“ Verbesserung der Pekinger Menschenrechtspolitik abhängig gemacht. Auch der für die China-Politik zuständige Abteilungsleiter im US- Außenministerium, Winston Lord, sprach am Mittwoch von Verbesserungen in der Pekinger Haltung. Zur Begründung verwies er darauf, daß die Pekinger Führung dem in der Haft erkrankten Dissidenten Wang Juntao im April die Ausreise in die USA zur medizinischen Behandlung erlaubt hatte. Außerdem habe Chinas Außenminister Qian Qichen sich zu den Prinzipien der UNO-Menschenrechtserklärung bekannt, sagte Lord.
Der jetzt von der US-Regierung zur Schau getragene Optimismus widerspricht den Berichten von Menschenrechtsorganisationen wie Asia Watch und amnesty international. Nach Informationen von ai, die gestern in London vorgetragen wurden, sind im vergangenen Jahr in China mindestens 1.419 Menschen hingerichtet worden. 1993 hätten chinesische Gerichte 2.564 mal die Todesstrafe verhängt. Da die chinesischen Behörden die genaue Zahl der Hinrichtungen offenbar als Staatsgeheimnis ansähen, muß man davon ausgehen, daß tatsächlich sehr viel mehr Menschen exekutiert wurden.
Im Verlauf einer Kampagne gegen die Korruption seien zahlreiche Beamte wegen Vergehen wie die Annahme von Schmiergeldern, Unterschlagung und Erpressung standrechtlich erschossen worden. Asia Watch erklärte am Mittwoch in Washington, zwar seien seit Clintons Verknüpfung von Handelspräferenzen mit Menschenrechten 25 politische oder religiöse Dissidenten freigelassen worden, in der gleichen Zeit jedoch „mehr als hundert“ verhaftet worden.
Während die US-Regierung sich bislang offiziell immer noch nicht auf eine Verlängerung der Handelspräferenzen für China festlegen wollte, gibt es nach Berichten des US-Magazins Time offenbar längst Pläne für die Genehmigung des Exports amerikanischer Rüstungsgüter und Technologien im Wert von bis zu 2 Milliarden US-Dollar. Dies widerspräche einem weiteren Grundsatz der Clintonschen Außenpolitik, der versprochen hatte, gegen die weltweite Aufrüstung vorzugehen. li
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