Clinton vor dem Kandidaten-Aus: Option Schlammschlacht

Clinton ist im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur so gut wie gescheitert. Sie müsste alle übrigen Vorwahlen mit 70 Prozent gewinnen.

Hello? Godbye, Hillary! Bild: rtr

Auf politisch saubere Art wird es Hillary Clinton wohl nicht gelingen, demokratische Präsidentschaftskandidatin zu werden. Nachdem sie am Dienstag die Vorwahlen im US-Bundesstaat North Carolina klar verloren und in Indiana nur überaus knapp gewonnen hat, brauchte sie in den verbleibenden sechs Vorwahlen jeweils 70-Prozent-Siege, um die Delegiertenmehrheit ihres Konkurrenten Barack Obama noch gefährden zu können. Das wird nicht gelingen.

Rechnerisch hatte Clinton schon vor diesem Vorwahldienstag verloren. Obamas Vorsprung an Delegiertenstimmen für den demokratischen Nominierungsparteitag Ende August in Denver war eigentlich nicht mehr einzuholen. Aber Clinton und Obama sind beide auf die Unterstützung der sogenannten Superdelegierten angewiesen, jener 796 Abgeordneten, Senatoren, früheren Präsidenten, Gouverneure und Funktionäre, die volles Stimmrecht haben, sich aber selbst entscheiden können, wen sie unterstützen möchten. Auf diese Superdelegierten setzte Clinton bis zuletzt.

Ihr Kalkül: Wenn eine ähnliche Affäre, wie die um Obamas ehemaligen Pastor Jeremiah Wright den schwarzen Senator aus Illinois so nachhaltig diskreditieren würde, dann würde er als unwählbar gelten. Dann würden die der Parteiräson verpflichteten Superdelegierten doch noch sie zur Kandidatin machen.

Diese Hoffnung ist am Dienstag zerstoben. Völlig unbeeindruckt davon, dass Obama durch Pfarrer Wright die schlimmsten zwei Wochen des inzwischen fast eineinhalb Jahre währenden Wahlkampfs hinter sich hatte, demontierte er Clinton mit dem Wahlausgang in North Carolina und ließ in Indiana nur den knappstmöglichen Sieg der New Yorker Senatorin zu.

Damit sind zwei weitere Argumente hinfällig, mit denen Clinton in den vergangenen Wochen zu rechtfertigen versuchte, warum sie im Rennen blieb. Sie habe, sagte sie immer wieder, die Mehrheit der abgegebenen Wählerstimmen hinter sich gebracht. Das stimmte nur dann, wenn auch die abgegebenen Stimmen von Florida und Michigan mitgezählt würden. Beiden Staaten war von der Parteiführung der Demokraten das Recht, Delegierte zu stellen, aberkannt worden. Ihre Vorwahltermine wurden früher gelegt als von der Partei erlaubt. In beiden Staaten gewann Clinton die Abstimmungen - allerdings hatte Obama in Michigan gar nicht auf dem Stimmzettel gestanden, und in Florida hatten beide keinen Wahlkampf gemacht. Nur wenn diese zweifelhaften Vorwahlen mitgezählt würden, würde Clintons Behauptung, sie habe mehr Stimmen erhalten, stimmen. Nun, nach den Vorwahlen vom Dienstag stimmt sie gar nicht mehr. Denn während Clinton in Indiana einen hauchdünnen Vorsprung von 22.000 Stimmen behauptete, siegte Obama in North Carolina mit rund 233.000 Stimmen Vorsprung.

Damit hat Obama mehr Delegierte, mehr absolute Stimmen und mehr Bundesstaaten gewonnen. Jetzt gibt es für Clinton kein Argument mehr, im Rennen zu bleiben. Das ist auch der Tenor der US-Medien. Lauter denn je in den vergangenen Wochen schreiben die Kommentatoren, unabhängig von ihrer politischen Couleur, die Senatorin nun endgültig ab.

Ob Clinton daraus aber tatsächlich die Konsequenzen zieht und sich verabschiedet, blieb zunächst offen und heiß diskutiert. Viele erwarten, sie werde nunmehr auch noch die letzten sechs Vorwahlen bis zum 3. Juni durchstehen. Die demokratische Parteiführung um Parteichef Howard Dean hat die Parole ausgegeben, bis Ende Juni solle eine Entscheidung der Superdelegierten herbeigeführt sein. Clinton blieben noch fast zwei Monate, um auf ein Wunder oder einen Skandal zu warten. Dass sie stattdessen in den kommenden Tagen ihren Ausstieg verkünden und Obama ihre Unterstützung zusichern werde, hoffen viele - glauben aber nur wenige.

Mehr Anhänger findet die gegenteilige Variante, die US-Medien die "Atombomben-Option" nennen: Am 31. Mai tagt in Washington, D. C. der sogenannte Regelungsausschuss der Demokratischen Partei. Dieses 30-köpfige Gremium wird vermutlich entscheiden, dass Florida und Michigan doch Delegierte zum Parteitag entsenden können. Das hat Howard Dean kürzlich angekündigt. Allerdings mit der Option, auf beide Kandidaten jeweils die Hälfte der Delegierten zu verteilen. Clinton könnte schließlich versuchen, den mehrheitlich mit ihren Anhängern besetzten Regelungsausschuss dazu zu bringen, die Vorwahlen der beiden Staaten doch anzuerkennen. Dann hätte sie Obamas Vorsprung eingeholt und hätte wieder eine Basis, um die Superdelegierten neu zu umwerben. Auch das ist ein Ergebnis des langen Wahlkampfs: Clinton wird alles zugetraut.

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