piwik no script img

Christoph Raffelt MundwerkCallet – die Rebe Mallorcas

Als Ende des 19. Jahrhunderts die Reblauskatastrophe übers europäische Festland hereinbrach, war für eine kurze Zeit die große Stunde des mallorquinischen Weinbaus gekommen. Europa war durstig und Mallorca konnte liefern. Rund 30.000 Hektar standen bald unter Reben. Doch die Reblaus ließ nicht lange auf sich warten, sodass auch auf Mallorca innerhalb weniger Jahre Rebsorten ausstarben.

Wie viele, weiß man nicht. Doch einige haben in wenigen Exemplaren überlebt und wurden in den letzten Jahren von Winzern und Forschern in fast vergessenen Weingärten gefunden. Mittlerweile kennt man gut zwei Dutzend Sorten, die es nur auf Mallorca gibt. Eine davon ist der Callet. Auf Mallorquinisch bedeutet Callet so viel wie schwarz und bezieht sich auf die Farbe der Beerenhäute. Rund 150 mit Callet bestockte Hektar gibt es auf der Insel – von rund 3.000. Da diese Rebsorte Frische, Würze und Eleganz besitzt, ist sie aktuell die interessanteste unter den alten, den autochthonen Sorten.

Ànima Negra, das bekannteste Weingut der Insel, keltert seit Mitte der 1990er einen Callet, der den Namen des Weinguts trägt. Der „Ànima Negra“ oder kurz „Àn“ ist gleichsam ein Botschafter der Weine dieser Insel. Einen sehr guten Namen gemacht hat sich auch 4 Kilos Vinícola, das Weingut eines der ursprünglich drei Ànima-Negra-Gründer. Die „4kilos“-Cuvée spielt in einer ähnlichen Liga wie der „Àn“, während der „Motor 18“ genannte Jungwein, der ohne Schwefel in Ton-Amphoren ausgebaut wird, zeigt, wie viel Trinkfluss ein Naturwein aus Callet bieten kann.

Eines der beeindruckendsten Wein-Projekte der Insel ist Can Axartell. Die rund 800 Jahre alte Finca wurde in den 1990ern in verfallenem Zustand von einer Hamburger Familie übernommen. Diese hat in den letzten 25 Jahren der Finca neues Leben eingehaucht: Mit dem ersten Spatenstich wurde das Weingut biologisch zertifiziert, und in der Zusammenarbeit mit der Universität der Balearen in Palma de Mallorca ein Versuchsweingarten angelegt, in dem die nahezu vergessenen Rebsorten der Insel rekultiviert werden.

Zwei Weine von Can Axartell zeigen schon jetzt das Potenzial des Weinguts. Der gerade veröffentlichte „Terrum“ ist ein reinsortiger, eleganter und frischer Callet. Der „Corum“, den ich bisher nur vor Ort aus dem großen Fuder probieren konnte, ist ein trocken ausgebauter Malvasía de Banyalbufar.

Noch vor wenigen Jahren hätte kaum jemand gedacht, dass die Ferieninsel Mallorca eine solche Schatzkammer interessanter Weine sein könnte. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es gerade erst so richtig losgeht.

Die Weine von Ànima Negra, 4 Kilos Vinícola und dem biodynamisch arbeitenden Weingut Mesquida Mora gibt es bei www.gute-weine.de. Den „Terrum“ und andere Weine von Can Axartell gibt es bei www.il-casa.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen