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■ Christo verhülltDer Meister und seine Meisterin

Die Verschmelzung zu einer Person hat geklappt. Er sieht tatsächlich aus wie Woody Allen, nur hat er keine roten Haare. Die hat dafür das Alter ego, Clausto-Christa. Für die Ausstellungseröffnung in der Grundkreditbank haben beide das gleiche rosaweißgestreifte Hemd gewählt und Jeans. Zu seinem Erkennungszeichen, der grauen Jacke aus Naturschutzbund-Zeiten, trägt sie genau dasselbe Modell in neu und Beige. Das Tchibo-Duo live. Auf Augenhöhe hat er Brillenbalken und sie, genauso dick, schwarzen Kajalstift. Das Styling für eine gemeinsame Identität stimmt.

Jeder sieht es, bis auf den Geschäftsführer der Bank: Er erteilt nur Christo das Wort. „Good afternoon“, strahlt Jeanne-Claude in die Mikrofone. Mehr hat sie vorerst nicht zu berichten. Der gebürtige Bulgare hackt auf die amerikanischen Wörter ein. Ein Journalist fragt, ob die Verhüllung des Reichstages eine politische Aktion sei. Der männliche Künstlerteil antwortet: Er spiele mit Formen, wolle „beautiful and happy art“ machen. „We do not want depressive art“, sagt der Amerikaner. Er gesteht: „How can we know, what the wrapped Reichstag means. We are no Germans.“ In Zeitungsinterviews fällt ihm zu dieser Frage ein, daß der Reichstag das Symbol der deutschen Demokratie sei. Er mag nicht zugeben, daß das Projekt für ihn unpolitisch ist. „Indem wir einen politischen Raum umwandeln, spielt die ganze Komplexität der Zusammenhänge – geschichtlicher und aktueller – eine Rolle.“ Aha! Treffender hätten auch deutsche Politiker nicht formulieren können.

Christo spricht begeistert über das eingelullte Parlament. „To wrap the Reichstag is like building a skyscraper.“ Ein Junge, der der Weltpresse seine Sandburg zeigt. Die Meisterin an der Seite des Meisters lächelt. Welcher Journalist an ihn Fragen stellen darf, bestimmt sie. Die Managerin ist konzentriert, arbeitet auch, während er redet. Die Show läuft. Wenn er sich nicht gut verkauft, legt sie ihren Regenjackenarm auf seinen Regenjackenarm und unterbricht ihn: „Darling, ...“ Die Generalstocher gefällt sich in der Rolle der souveränen und strengen Grande Dame. Und er gefällt ihr, und das ist die Hauptsache. Nina Kaden

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