Christian Wulff und David Groenewold: Ein Freundschaftsdienst zu viel
Urlaub und Handy für den einen, Bürgschaft und Werbung für den anderen. Das Verhältnis zwischen Wulff und dem Filmmanager Groenewold bestand aus Nehmen und Geben.
BERLIN taz | Ein Hauskredit hier, ein Flug-Upgrade dort, und immer wieder Urlaubseinladungen: Bei den vielen "Freundschaften" von Christian Wulff den Überblick zu behalten, fällt nach drei Monaten Affärenberichterstattung nicht leicht. Gestürzt ist er am Ende über einen Mann, dessen Name in den letzten Wochen immer wieder gefallen ist - und bei dem der besonders auffällige zeitliche Zusammenhang von Geben und Nehmen sowie ein offensichtlicher Vertuschungsversuch schließlich auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief.
Filmproduzent David Groenewold, 38, hatte den niedersächsischen Ministerpräsidenten im Jahr 2003 durch die Dreharbeiten zum Fernsehfilm "Das Wunder von Lengede" kennengelernt, der in Niedersachsen spielte. Und von da an war der junge Mann mit den blonden Haaren, roten Backen und guten Kontakten in die Welt der Stars stets für Christian Wulff zur Stelle.
Als dieser 2005 kurz vor dem Ende seiner ersten Ehe diskret ein zweites Handy suchte, überließ Groenewold ihm sofort ein Firmengerät - angeblich erstattete Wulff die Gebühren von 931 Euro später. Als 2006 ein wohlwollendes Buch über Christian Wulff ("Deutschland kommt voran") am Geld zu scheitern drohte, unterstützte Groenewold den Autor mit 10.000 Euro - angeblich für Beratungsleistungen. Als Wulff 2008 mit Frau und Kind zum Oktoberfest nach München reiste, zahlte Groenewold das Upgrade auf eine Luxus-Suite im 5-Sterne-Hotel Bayerischer Hof - angeblich wusste Wulff davon nichts.
Für besonderes Aufsehen sorgte aber ein Hotelaufenthalt, den Groenewold im Herbst 2007 für die Wulffs organisierte: drei Nächte im Hotel Stadt Hamburg in Westerland, für 258 Euro pro Nacht. Das Geld, das Groenewold per Kreditkarte bezahlte, hat Wulff ihm angeblich vor Ort zurückerstattet, und zwar in bar.
Doch nicht nur dieses ungewöhnliche Gebaren - ein Ministerpräsident, der einem Freund im Urlaub knapp 800 Euro über den Tisch reicht, statt das Geld einfach zu überweisen - weckte Zweifel. Zudem versuchte Groenewold, den Deal geheim zu halten, indem er die Rechnungen sicherstellte und das Hotel anwies, bei Medienanfragen zu diesem Aufenthalt zu schweigen.
Zusammenhänge stets bestritten
Besonders deutlich wird am Fall Groenewold zudem, wie sich Wulff seinerseits für seinen Gönner einsetzte. Schon 2005 lobte Wulff auf einer von Groenewold organisierten Party in Berlin nicht nur explizit dessen Filmfonds ("… haben wir in Niedersachsen gute Erfahrungen mit der German Film Production gemacht"), sondern versprach auch, sich für die Beibehaltung der Steuervorteile für Filmfonds einzusetzen.
Die wurden dann zwar trotzdem abgeschafft - weswegen vielen Anlegern der Fonds von Groenewold hohe Verluste drohen. Aber gelohnt hat sich die Freundschaft für den Filmmanager trotzdem. Denn im Jahr 2006 - und somit zeitlich genau zwischen Handy-Überlassung, Buch-Honorar und Sylt-Urlaub - bekommt eine Tochterfirma von Groenewold, die Waterfall Productions, eine Bürgschaft des Landes Niedersachsen in Höhe von 4 Millionen Euro.
Der Hintergrund dieser Bürgschaft ist noch unklar: Bei dem Unternehmen mit Sitz in Hannover soll es sich um eine reine Briefkastenfirma gehandelt haben, die keinen einzigen Film produziert hat. Daher kam die Bürgschaft auch nie zum Tragen. Klar ist jedoch, dass allein die Zahlungszusage des Landes potenzielle Anleger von der Seriosität des Unternehmens überzeugt haben dürfte.
Die Anwälte von Wulff und Groenewold haben einen Zusammenhang zwischen den Einladungen und Wulffs Einsatz für Groenewolds Geschäfte stets bestritten - was aber offenbar auch die Staatsanwaltschaft nicht überzeugt hat: Sie wollte trotzdem gegen beide ermitteln. Für seine Freunde hat Wulff darum jetzt wieder ganz viel Zeit.
Ergänzender Bericht:
Nach den Angaben des Hotels hat David Groenewold die Herausgabe von Ablichtungen der Rechnungen erbeten und ist eigens dort hingefahren, um diese abzuholen. Die Belege sind in Kopie auch beim Hotel verblieben. Er hat ferner das Hotel aufgefordert, die Unterlagen insbesondere gegenüber Journalisten vertraulich zu behandeln.
Die Redaktion
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Doku über deutsche Entertainer-Ikone
Das deutsche Trauma weggelacht
Sednaya Gefängnis in Syrien
Sednaya, Syriens schlimmste Folterstätte
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!