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Chinesische Konkurrenz zur WeltbankFinanciers im Wettbewerb

Die chinesisch geführte Investitionsbank AIIB gilt als Konkurrenz für die Weltbank. Das könnte zu Lasten sozialer und ökologischer Kriterien gehen.

Die „sozialen Standards“ der Asian Infrastructure Investment Bank waren nie sehr hoch. Sie könnten weiter sinken Foto: dpa

Berlin taz | Eine Bank wie ein Abnehmprogramm: „Lean, clean and green“ sollte die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) werden. Das hatte deren Chef Jin Liqun Anfang 2016 erklärt. Liqun meinte damit: kostengünstig, ohne Korruption und umweltfreundlich. Doch Experten warnen, dass die Konkurrenz durch die AIIB für einen „Wettlauf“ um niedrigere ökologische und soziale Standards bei Entwicklungsbanken wie der Weltbank sorgen könnte.

China hatte die Gründung der AIIB 2014 initiiert und damit eine asiatisch geführte Alternative zur Weltbank in die Diskussion gebracht. Vertreter der chinesischen Regierung hatten die Dominanz der USA und reicher Industriestaaten in der Weltbank immer wieder bemängelt. Die AIIB gilt als Versuch Chinas, mehr Einfluss zu gewinnen.

Schon bald folgten nicht nur regionale Länder dem Ruf des Riesenreichs. Auch westeuropäische Staaten wie Frankreich, Luxemburg und Großbritannien stiegen mit ein. Deutschland ist mit einem Anteil von 4,9 Prozent immerhin viertgrößter Teilhaber.

Seit dem Geschäftsstart Anfang 2016 hat die AIIB bereits die Finanzierung für ein Dutzend Projekte genehmigt, mit Krediten in Höhe von insgesamt etwas über 2 Milliarden US-Dollar. Nicht alle dieser Projekte halten Aktivisten für clean und green: So kritisieren Menschenrechtler, dass die AIIB Geld für einen Teil der umstrittenen Erdgasleitung Southern Gas Corridor zugesagt hat. Die Leitung soll Gas aus Aserbaidschan nach Europa pumpen.

Die meisten der bisherigen Projekte der AIIB sind kofinanziert, teils mit der Weltbank. Das „sehr enge Arbeitsverhältnis“ betonte Weltbankgruppen-Präsident Jim Yong Kim am Donnerstag. Doch die „freundliche Fassade im Umgang miteinander und das Fingerhakeln im Hintergrund“ müsse man klar unterscheiden, erklärt Knud Vöcking, der für die NGO Urgewald in Washington bei der Tagung von IWF und Weltbank ist. „Die Konkurrenz ist Fakt.“

Bundesregierung in der Pflicht

Konkret habe sich das schon auf die bis August 2016 über­arbeiteten neuen Weltbank-Richtlinien für die Finanzierung von Großprojekten ausgewirkt. Schon Anfang 2016 waren die neuen AIIB-Standards in Kraft getreten. Bei der Ausarbeitung der Kriterien sei der Druck nach unten bereits stark gewesen.

Ein Beispiel: Sowohl die Weltbank als auch die AIIB wollen kreditnehmenden Ländern erlauben, bei großen Infrastrukturvorhaben eigene Systeme zum Sozial- und Umweltschutz zu nutzen. Was aber, wenn die Länderstandards unter den Kriterien der Bank liegen? Für diesen Fall wird nicht vorgesorgt, lautet die Kritik.

Die Konkurrenz ist Fakt

Knud Vöcking, NGO Urgewald

Diese Sicht stützen die Expertin Arntraud Hartmann, die bei der Weltbank gearbeitet hat und Mitglied im Beschwerdemechanismus der Asiatischen Entwicklungsbank ADB ist. „Wir sehen jetzt schon ein Aufweichen der Standards bei der Weltbank“, kritisierte sie kürzlich auf einer Urgewald-Tagung.

In der Pflicht sieht Andrea Kämpf vom Deutschen Institut für Menschenrechte die Bundesregierung. „In der Regel ist die Mehrheit der Anteilseigner nicht unbedingt zuvorderst an besonders strengen Standards interessiert“, sagt Kämpf. Sei das der Fall, könne die höhere Anzahl der Banken zu einer Abwärtsspirale führen. Deutschland könne dagegen drei Sachen tun: sich bei der AIIB für klare Transparenzregeln und für starke unabhängige Beschwerdemechanismen einsetzen sowie bei umstrittenen Projekten selbst etwa die Einhaltung der Menschenrechte prüfen.

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