China und die USA beim Klimagipfel: Spielmacher aus Fernost
Zwei Wochen rang die Welt um mehr Klimaschutz. China dominierte die Verhandlungen mit Stärke, Geschick und grünem Wachstum. Die USA bremsten im Hintergrund.
DURBAN taz | Es ist Freitag, der letzte Tag der Verhandlungen in Durban, aber die US-Amerikaner sind schon weg. "Sorry, we are closed", sagt das Schild am US-Pavillon auf dem Gelände des Kongresszentrums. Kabel werden eingerollt, Koffer gepackt.
300 Meter weiter ist noch voller Betrieb: Im chinesischen Zentrum tummeln sich Besucher, das Bühnenprogramm wird angekündigt, Infobroschüren türmen sich auf den Tischen. An den Wänden hängen bunte Bilder von Solaranlagen, aufgeforsteten Wäldern, chinesischen Arktisforschern und einem Besuch von Angela Merkel in China.
Bis zur Nacht auf Samstag sitzen die Delegierten von 194 Staaten zusammen, um über ein Nachfolgeabkommen zum Kioto-Protokoll zu entscheiden. Während der zwei Wochen von Durban wurde schnell klar, wie sich die Rollen in der Klimadiplomatie verändert haben: China ist aufs Spielfeld getreten und fordert lautstark den Ball, als die neue Kraft, die vor Geld, gutem Willen und Fortschritten im Klimaschutz nur so strotzt. Die USA schauen von der Seitenlinie aufmerksam zu und nehmen sich das Recht, das Spiel abzupfeifen – auf Samtpfoten, öffentlich zurückhaltend, in den großen Bewegungen der Konferenz kaum wahrnehmbar.
Aus Washington ist kein einziger Kongressabgeordneter nach Durban gereist, die großen US-Medien haben ihre Stars und Experten zu Hause gelassen. "Es ist klar, dass hier nicht entschieden wird, was in den USA politische Auswirkungen hat", sagt Andrew Light vom Think Tank "Center for American Progress". Todd Stern, der US-Verhandler, läuft unbehelligt durch das Kongresszentrum, nur einmal muss er sich bei einer Rede eine Protestaktion einer Umweltaktivistin gefallen lassen.
Todd weist alle "Gerüchte" zurück, die USA würden den Fortschritt bremsen, und sagt sogar, sein Land unterstütze den Verhandlungsprozess der EU. Was ihm prompt eine Berichtigung aus dem US-Außenministerium einbringt: Unterstützung für den Prozess ja, aber nicht für das Ergebnis, ein rechtlich bindendes Abkommen.
Ganz anders agiert die Volksrepublik China. Als ihr Verhandler Xie Zhenhua dieses Thema am Montag der zweiten Woche öffentlich ansprach, beschäftigte das tagelang die Konferenz. Auf allen Podien ergreifen chinesische Vertreter das Wort, und sie verhandeln "hart und klug", wie Umweltminister Norbert Röttgen sagt. Die chinesischen Medien sind stark vertreten, vor allem die afrikanischen Staaten wissen, dass der asiatische Riese bei ihnen zu Hause inzwischen ein lebenswichtiger Wirtschaftspartner ist.
Obwohl die Chinesen aufgrund ihres ungebremsten Wirtschaftswachstums inzwischen weltweit am meisten CO2 ausstoßen, sind sie mit einer relativ grünen Weste nach Durban gekommen: Sie investieren zu Hause stark in erneuerbare Energien und Energiesparen, beginnen einen Emissionshandel und denken über absolute Obergrenzen für Treibhausgase nach. "China kommt mit dem Stolz und dem Optimismus von jemandem, dem zu Hause etwas gelingt", sagt Sivan Kartha vom Stockholm Environment Institute. "Und die USA mit dem Pessimismus eines Landes, das seine Hausaufgaben nicht schafft."
Die USA seien aber besser als ihr Ruf, sagt Arne Jungjohann, US-Experte der Heinrich-Böll-Stiftung. Immerhin würden die USA ihr eigenes Klimaziel von etwa 4 Prozent Reduktion gegenüber 1990 wahrscheinlich erreichen, "und die USA sind immer noch der größte Markt für grüne Technologien weltweit". In Durban sieht man davon nichts.
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