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Chemieindustrie gehört zum Alteisen

BASF hat die düsterste Bilanz der IG-Farben-Nachfolger / Investitionen zunehmend im Ausland / 31.000 Jobs in Deutschland gestrichen / Gewerkschaft fordert Gentechnikinvestitionen  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – BASF macht in diesem Jahr rund 44 Prozent weniger Gewinn als im Vorjahr. Der Umsatz sackte im ersten Dreivierteljahr um fünf Prozent auf 32,5 Milliarden DM ab. Vor allem die in Deutschland produzierten Waren will kaum jemand haben: Die Nachfrage im Inland nach BASF- Produkten sank um mehr als 13 Prozent, ins Ausland gingen fast 9 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit dürfte der Konzern aus Ludwigshafen auch in diesem Jahr das Schlußlicht der drei IG-Farben-Nachfolger sein.

Aber auch Hoechst und Bayer haben Überkapazitäten und können deshalb keinen Optimismus verbreiten. Anders als in der Rezession Ende der siebziger Jahre wurden bei der von Harmonie zwischen Arbeitgebern und -nehmern geprägten Branche dieses Mal Arbeitsplätze abgebaut: Bis zum Juli strichen die Personalabteilungen in Deutschland 31.000 Leute von den Gehaltslisten. Noch gut 556.000 Menschen verdienen hierzulande mit der Herstellung von Pestiziden, Pillen und Plastik ihr Geld.

Die deutschen Chemiegiganten rutschen hinter den Stahl- und Automobilkonzernen ins Konjunkturtal – nicht nur, weil hierzulande dauerhaft weniger Autotüren gespritzt, weniger Armaturenbretter eingebaut und weniger Stoffballen hergestellt werden. Das häßliche Wort Altindustrie fällt auch in diesem Zusammenhang immer häufiger. Denn inzwischen können viele auch hochwertigere Grundprodukte in den Ländern Lateinamerikas und Asiens für die Abnehmer zuverlässig hergestellt werden, mit geringeren Löhnen, Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards versteht sich. Auch Saudi-Arabien investiert seit Jahren in Anlagen, die das dort geförderte Öl weiterverarbeiten können. Da Chemieindustrie eine extrem vernetzte Produktionsstruktur hat, die Abfälle bei der Herstellung eines Stoffs für andere, notfalls neu zu entwickelnde Produkte verwendet, ist eine zunehmende Verlagerung riesiger Bereiche weg aus Deutschland absehbar.

Auch BASF engagiert sich zunehmend in Schwellenländern und in den USA; die Investitionen im Ausland liegen heute bei 55 Prozent und sollen bis 1998 auf 65 Prozent anwachsen, kündigte der Vorstandsvorsitzende Jürgen Strube an. Neu auf dem Programm steht ein Joint-venture in China für die Herstellung von Pigmenten und Textilfarbstoffen. „Unsere Investitionen müssen wir tätigen, wo der Markt ist“, so Strube gestern.

„Wir fordern mehr Neuinvestitionen in Deutschland“, sagt demgegenüber der stellvertretende Pressesprecher der IG-Chemie, Michael Denecke. In der Genforschung würden bis zum Jahr 2000 etwa zwei Millionen neue Arbeitsplätze in Europa entstehen, habe der Forschungsminister kürzlich prognostiziert. Dort liege also die Zukunft. Die Diskussion über davon ausgehende Gefahren hält er für weitgehend irrational. „Außerdem ist eine Industriegesellschaft ohne Restrisiko sowieso nicht denkbar.“

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