: Chauvinistisch und sexistisch
■ Betr.: "Ich dachte, er meint es ernst mit dir", taz vom 18.3.92
Betr.: »Ich dachte, er meint es ernst mit dir«, taz vom 18.3.92
Ich habe bisher die Artikel von Plutonia Plarre aufmerksam gelesen, weil ich in ihnen eine Verbündete der Frauen gesehen hatte. Um so befremdeter war ich über den Artikel. Sie berichteten darin über den Prozeß gegen einen mutmaßlichen Zuhäter. Alles in Ordnung, daran habe ich nichts auszusetzen. Aber dann beschreiben Sie in vier Zeilen plötzlich das Erscheinungsbild der Zeugin detailliert. Was soll das? Die Beschreibung ihrer Kleidung trägt absolut nichts zur Klärung des Sachverhalts bei und ist völlig irrelevant. (Die Kleidung des Angeklagten beschreiben Sie wohlgemerkt nicht.)
Indem sie die Aufmerksamkeit auf die Kleidung lenken, wird den Lesern diese Information als eine relevante untergejubelt. Fragt frau sich natürlich, relevant für wen? Für die Moral (kleidet sich so vielleicht eine anständige Frau)? Sollen dadurch Zweifel an ihrer Anschuldigung, zur Prostitution gezwungen worden zu sein, geweckt werden? Und zwischen den Zeilen lese ich Sätze, daß sie vielleicht doch nicht zur Prostitution gezwungen worden ist, sondern vielleicht ganz freiwillig... und daß der Angeklagte, der alles bestreitet (»Alles totaler Quatsch!«), vielleicht doch recht hat...? [...] Diese vier Zeilen bedeuten eine Diffamierung und Mißachtung aller von Gewalt betroffenen Frauen und sind einer sich fortschrittlich gebärdenden Zeitung unwürdig. Sie sind aus der Feder einer Journalistin ein selbst ausgestelltes Armutszeugnis und skandalös. Dadurch haben Sie sich und uns Frauen einen Bärendienst erwiesen. Oder Ist Plutonia Plarre ein Pseudonym für einen Mann der besonders chauvinistisch-sexistischen Sorte? [...] Mechthild Polzhuber, 1/62
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen