Charité gibt Gebeine zurück: Späte Heimkehr nach Namibia
In der Charité wurden menschliche Knochen an eine namibische Delegation übergeben. Sie waren von den Deutschen für rassistische Forschung geraubt worden.
Die Schädel und Knochen liegen in Pappboxen, von der namibischen Flagge bedeckt. Es sind die Gebeine von 21 Menschen, die während der Kolonialzeit von den Deutschen geraubt wurden. Das Motiv: rassistisch motivierte Forschung. Am Mittwoch wurden sie von der Charité, wo sie gelagert hatten, während einer Zeremonie dem namibischen Nationalmuseum übergeben.
Zwar ist die Charité die erste deutsche Einrichtung, die die „Human Remains“, so der Fachausdruck, an Namibia zurückgegeben hat. Doch die Gebeine der zwölf Frauen, sieben Männer und zwei Kinder sind nur ein kleiner Teil von dem, was noch immer in Deutschland lagert. 2004 hatte das Medizinhistorische Museum der Charité Knochen von rund 6.000 Menschen aus einer Sammlung übernommen und schenkte den größten Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die Charité behielt die Gebeine von etwa 250 Menschen, für die es bereits Rückgabeforderungen gab – unter anderem aus Namibia.
„Lasst uns unseren Kindern beibringen“, sagt der namibische Kulturminister Jerry Ekandjo „dass Rassismus böse ist in all seinen Facetten“. Er fordert, „Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen“, und spielt damit auf die Kolonialzeit an, die in Deutschland bis heute nicht richtig aufgearbeitet wurde. Das Publikum klopft zustimmend. Neben der namibischen Delegation aus Politik, Gesellschaft und Medien sitzen Vertreter von NGOs in den Rängen des Anatomiehörsaals.
Als der deutsche Botschafter Egon Kochanke spricht, halten sie Plakate hoch, fordern „Entschuldigung sofort“ und „Keine Amnestie für den Genozid“. Denn fünf der Menschen starben bei den Massakern deutscher Truppen zwischen 1904 und 1908 in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, der heutigen Republik Namibia.
Wenigstens spricht der Botschafter Englisch
„Auch wenn es für uns in Deutschland sehr lange her scheint“, sagt Botschafter Kochanke, „bewegt es die Menschen in Namibia noch heute“. Das Wort „Entschuldigung“ kommt ihm nicht über die Lippen. Aber wenigstens spricht er Englisch.
Denn bereits 2011 wurden Gebeine an Namibia übergeben. Die damalige Staatsministerin des Auswärtigen Amtes, Cornelia Pieper (FDP), sprach – auf Deutsch. Das Publikum unterbrach sie, verlangte eine Entschuldigung. „Deutschland ist das Land der freien Rede“, antwortete Pieper, „und wenn Sie sich meine Rede geduldig bis zum Ende anhören, werden Sie sicher auch noch Worte der Versöhnung hören.“ Doch die blieben aus. Stattdessen lobte Pieper die Beziehung zwischen Namibia und Deutschland und sagte, die größte Gruppe von Touristen in Namibia seien Deutsche. Die angereiste Delegation reagierte empört. Der damalige Afrikabeauftragte im Auswärtigen Amt versprach, künftige Übergaben sollten würdevoller ablaufen.
Doch auch die Planung der Zeremonie vom Mittwoch lief nicht glatt: Die Übergabe, die erst für April angesetzt worden war, wurde vorverlegt. Sowohl Opferverbände als auch NGOs hätten erst kurzfristig Bescheid erhalten, kritisiert Israel Kaunatjike vom NGO-Bündnis „Völkermord verjährt nicht“. So sei den Nachkommen die Anreise erschwert worden. Zudem war die Veranstaltung nicht öffentlich angesetzt. NGOs und Journalisten durften jedoch nachträglich hinein.
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