Champions-League-Finale der Frauen: Luxuskader muss liefern
Der 1. FFC Frankfurt will in dieser Saison wenigstens einen Titel im Frauenfußball gewinnen. Doch im Finale gegen Olympique Lyon sind die Hessinnen nur Außenseiter.
FRANKFURT taz | Eine gewisse Deutungshoheit für den Frauenfußball behält sich Siegfried Dietrich vor. Für den Manager des 1. FFC Frankfurt ist die Ausgangslage einfach: „Das Auswärtsspiel im Pokalfinale in Köln haben wir verloren, aber unser Heimspiel im Champions-League-Finale in München wollen wir gewinnen.“
Nach Meinung des 54-Jährigen hat der 1. FFC Frankfurt – genau wie der FC Bayern – nur deshalb verloren, weil eine viele größere Bühne wartet. Wenn der 1. FFC Frankfurt gegen Olympique Lyon (Donnerstag 18 Uhr/live ARD) antritt, dann wird die weibliche Königsklasse ja tatsächlich in eine neue Dimension gehievt.
Im Münchner Olympiastadion wurde eigens ein Naturrasen verlegt; die Kosten von 440.000 Euro haben sich die Stadt München und die Uefa geteilt. Seit drei Jahren erteilt der europäische Dachverband die Auflage, dass auch Europas beste Fußballerinnen in der Stadt des Männer-Finals ihren Sieger ermitteln.
Nach den eher provinziellen Bühnen im Madrider Vorort Getafe (2010) und im Londoner Craven Cottage (2011), wo sich jeweils Lyon und Potsdam duellierten, stellt das Zeltdachstadion die bislang größte Bühne. 37.000 Karten sind bereits verkauft – zu Schnäppchenpreisen: zehn Euro für die Haupttribüne, sieben Euro für die Gegengeraden.
Während der FC Bayern um neun Millionen Euro Siegprämie (Verlierer 5,6 Millionen) spielt, geht es bei den Frauen um vergleichsweise bescheidene 250.000 Euro (Verlierer 200.000). Dietrich, Vermarkter, Investor und Promotor in Personalunion, sagt: „Die Uefa steckt einige Millionen in die Entwicklung, wir sind da erst am Anfang.“
Das willkommene Vehikel
Der Mann, der früher Tennisstars wie Boris Becker massierte und Eiskunstlaufgalas mit Katarina Witt organisierte, stört sich nicht daran, dass der Frauenfußball als willkommenes Vehikel eingespannt wird, um ein ansprechendes Vorprogramm aufzuziehen. Mit einem „Champions Festival“ allein oder einer „Celebration Party“ im Olympiapark lässt sich eine Champions-League-Woche bis zum Showdown Bayern versus Chelsea ja nicht strecken.
DFB-Direktorin Steffi Jones freut sich auf „zwei Weltklassemannschaften.“ Für den Titelverteidiger Lyon, der mit einem Großteil der französischen Nationalmannschaft einen stilprägenden Offensivfußball pflegt, mag das ja zutreffen. Beim Titelsammler Frankfurt, immerhin dreimal im Uefa-Pokals erfolgreich (2002, 2006 und 2008), ging zuletzt viel schief.
Der Luxuskader spielt unter Form, was auch daran liegt, dass eine Ausnahmestürmerin fehlt, wie sie Lyon mit der Schwedin Lotta Schelin hat. Zusätzlich hat sich Deutschlands Fußballerin des Jahres, Fatmire Bajramaj, mit einer verschwiegenen Knöchelblessur ins Abseits manövriert – von einer internen Bestrafung haben die FFC-Verantwortlichen abgesehen, weil sie „genug gestraft“ sei, so Dietrich.
Verletzungen sind keine Entschuldigung
Wegen einer Kapselzerrung kann die 24-Jährige genau wie Nationaltorhüterin Nadine Angerer und die Langzeitverletzte Kim Kulig nicht mitmachen. Die Ausfälle sind keine Entschuldigung dafür, dass der mit einem Rekordetat von 1,8 Millionen Euro operierende hessische Vorzeigeverein Meisterschaft und Pokalsieg bereits verpasst hat.
Trainer Sven Kahlert freut sich auf die Außenseiterrolle, gleichwohl würde bei einer Niederlage gegen Lyon auch die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb verspielt, was wirtschaftlich aber zu verkraften wäre. „Die Champions League ist in den ersten Runden nur ein Zuschussgeschäft“, behauptet Dietrich.
Der 54-Jährige will zudem von einem Himmelsfahrtskommando am Himmelfahrtstag für seinen umstrittenen Cheftrainer Kahlert nichts wissen. „Es wäre doch eine Farce, wenn von einem Champions-League-Endspiel einzelne Schicksale abhängen.“ Der 41-jährige Sachse soll seinen bis 2013 verlängerten Vertrag beim FFC auf jeden Fall erfüllen. Einzige Forderung seines Vorgesetzten: „Ich will am Donnerstag ein gutes Endspiel sehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Scholz fordert mehr Kompetenzen für Behörden