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Cern räumt mögliche Messfehler einEinstein vorerst gerettet

Fast ein halbes Jahr ist es her, dass Wissenschaftler des Europäischen Teilchenforschungszentrum an der Relativitätstheorie rüttelten. Nun scheint es Messfehler gegeben zu haben.

Sollte es Messfehler gegeben haben, bliebe die Frage: Wie schnell waren die sogenannten Neutrinos wirklich? Bild: dpa

GENF dpa | Ihr Experiment schien Einsteins Relativitätstheorie infrage zu stellen. Nun, fünf Monate später, haben die Physiker am Europäischen Teilchenforschungszentrum Cern mögliche Fehler eingeräumt. Ein defektes Glasfaserkabel und ein GPS-Gerät könnten Ursache für den Messfehler sein.

Ein Team am Cern bei Genf hatte im Jahr 2011 Messergebnisse verkündet, die nahelegten, dass manche Elementarteilchen doch schneller als das Licht sein könnten. Am Donnerstag erklärte die Opera-Forschergruppe jedoch, es seien "zwei mögliche Effekte identifiziert worden, welche die Messung der Neutrino-Geschwindigkeit beeinflusst haben könnten". Nun seien weitere Tests erforderlich. Die neuen Versuche sollen im Mai unternommen werden.

Die Lichtgeschwindigkeit gilt laut Relativitätstheorie als absolute Tempogrenze des Universums. Sie wurde noch in keinem Experiment eindeutig durchbrochen. Bei den möglichen Messfehlern geht es konkret um ein Gerät, das für die Synchronisierung von GPS-Daten eingesetzt wurde und eventuell nicht präzise genug funktionierte.

Defektes Glasfaserkabel

"Er könnte zu einer Überschätzung der Flugzeit der Neutrinos geführt haben", vermuten die Opera-Wissenschaftler. Zudem steht ein möglicherweise defektes Glasfaserkabel in Verdacht, durch das die GPS-Signale an den Hauptzeitmesser übertragen wurden, was in diesem Fall zu einer Unterschätzung der Geschwindigkeit geführt haben könnte.

Bei dem Opera-Projekt war in einem unterirdischen Labor in den Abruzzen die Geschwindigkeit von Elementarteilchen gemessen worden, die im rund 730 Kilometer entfernten Cern bei Genf erzeugt worden waren. Diese sogenannten Neutrinos waren dabei scheinbar schneller als das Licht unterwegs, wenngleich nur um 0,025 Promille und damit extrem geringfügig.

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6 Kommentare

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  • W
    Willy

    Grundlagenforschung ist ein essentieller Bestandteil der Wissenschaft. Vielleicht sollte man sich mal ernsthaft über die tatsächlichen Mittelherkünfte und deren Höhen informieren, bevor man von Ressourcenverschwendung redet. Meines Wissens sind die staatlichen Finanzierungen nämlich nicht annähernd so hoch wie manch einer intuitiv zu glauben scheint.

     

    Welche Erkenntnisse und Möglichkeiten sich durch die dortigen Forschungen ergeben, kann heute noch niemand sagen, aber für mich steht außer Frage, dass sie von enormer Wichtigkeit für uns sind. Es tut mir immer etwas weh zu hören, dass es sich bei solchen Projekten um rausgeschmissenes Geld handeln soll. Hätte man diesen Ansatz in der Vergangenheit noch konsistenter verfolgt als ohnehin schon, würde es keine HighTech in der Medizin geben, keine Fahrzeuge, die in der Lage sind Beförderungen um den ganzen Globus in kurzer Zeit zu leisten. Sie hätten keinen Computer, kein Internet, kein Smartphone - ja nichtmal ihren Festnetzanschluss. Der gesamte technologische Fortschritt, der von dem sie einen direkten Nutzen erzielen sowie der, der erst dazu geführt hat, wäre schlicht undenkbar ohne Grundlagenforschung. Und die muss nunmal irgendwie finanziert werden.

     

    Nur weil man heute noch nicht in der Lage ist zu erkennen, wozu die Resultate socher Forschungen später nutzen können, sollte man nicht den Fehler begehen sie als unnütz zu bezeichnen. Resultate, Erkenntnis und Nutzen können mitunter weit auseinander liegen. Den Blick in die Zukunft zu vernachlässigen, besonders zugunsten der kommenden Generationen, zeugt nur von Kurzsichtigkeit.

     

    Natürlich haben wir humanitäre Notstände auf der Welt, die unsere Zuwendungen brauchen. Doch warum sollte man die Einsparungen für die Aufwendungen ausgerechnet am Etat für wissenschaftliche Forschung und Bildung vornehmen? Es wird Geld an ganz anderen, sehr viel unnützeren Stellen ausgegeben. Vielleicht sollte man mal da anfangen ...

  • D
    Dirk

    Oh, ist da im Altarraum der Religion des 21. Jahrhunderts mal wieder etwas schief gelaufen? Mal hat ein Vogel reingeschissen, jetzt hat ein Kabel versagt! Und das für wie viel? 5 Mrd. Euro?

    Die haben doch alle eins in der Waffel. Die heutige "Wissenschaften" erinnern doch zunehmend sehr an den Klerus des Mittelalters; es geht um Geld und Macht. Wer sind hier eigentlich die Esoteriker, die die ganze Welt verarschen wollen?

  • S
    spiritofbee

    Wenn Neutrinos wenigstens hungernde Kinder satt machen würden, von mir aus gerne auch mit dreifacher Lichtgeschwindigkeit. Diese Art von Grundlagenforschung kommt mir oft vor wie ein Spielplatz für Erwachsene, für die Folgen ihres Tuns übernimmt dann keiner die Verantwortung.

  • KR
    Karl Ranseier

    @Josef Riga

    Also, mir fallen da viele andere Dinge ein die mensch eher verbieten sollte, so z.B. den internationalen Finanzterrorismus.

    Grundlagenforschung ist wichtig um neue Erkenntnisse zu bekommen, da muss halt auch was für investiert werden.

  • JR
    Josef Riga

    Man sollte diese ganzen Forschungen verbieten. Wenn ich überlege was man mit dem ganzen Geld anstellen kann was dafür verschwendet wird...

  • R
    reblek

    "'Er könnte zu einer Überschätzung der Flugzeit der Neutrinos geführt haben', vermuten die Opera-Wissenschaftler." - Ich bin kein Naturwissenschaftler, aber logisches Denken soll es ja auch sonst geben. Wenn die FlugZEIT ÜBERschätzt worden wäre, hieße das, dass die Geschwindigkeit der Neutrinos niedriger gemessen wurde, als sie tatsächlich war. ÜBERschätzt wurde offensichtlich nicht die Flugzeit, sondern die Fluggeschwindigkeit. Aber was scheren dpa und, sorry, die taz-Redaktion solche Nichtigkeiten. Ist doch nur die Sprache, die die Realität falsch darstellt.