■ Castro entläßt politische Häftlinge: Eine Geste für Danielle
Es war der Auftritt der großen alten Männer. Vor wenigen Wochen bescherte Frankreichs scheidender Präsident Mitterrand dem kubanischen Staatschef Fidel Castro einen Empfang erster Klasse. Ein Seitenhieb gegen die USA, zweifelsohne. Und Castro war dankbar: Die „Blockade“ sei durchbrochen, Europa auf seiten des Humanismus und gegen den Imperialismus der Yankees.
In Frankreich freilich zählten nicht die, die lautstark riefen: Und die Menschenrechte? Da, wo es nicht um soziale Errungenschaften geht, sondern um die bürgerlichen Freiheitsrechte, war noch nie die starke Seite der kubanischen Revolution. Ein Problem weniger für François als vielmehr für Danielle Mitterrand. Schließlich macht sie aus ihrer Sympathie für den kubanischen Revolutionsführer keinen Hehl, ist aber gleichzeitig Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation France Liberté.
Man wußte Abhilfe. Wo Fidel Castro amnesty international oder die UNO-Menschenrechtskommission gemeinhin als Einmischung in innere Angelegenheiten ansieht, lud er nun die chère amie Danielle und ihre Menschenrechtsfreunde zum Besuch nach Kuba. Und er zeigte sich großzügig: Sechs politische Häftlinge, darunter prominente Namen, werden aus Kubas Gefängnissen entlassen.
Eine kleine Geste nach dem großen Empfang. Die Entlassenen erhalten keine besonderen Auflagen, erklärte die Regierung in Havanna. Nur die allgemeinen halt, die in Kuba herrschen: Presse, Öffentlichkeit, Organisierung in jedweder Form – all dies ist Monopol des Staates und der KP-nahen Organisationen. Den entlassenen Oppositionellen bleibt es frei, in ihren Wohnungen zu sitzen und ab und zu von ausländischen Journalisten interviewt zu werden. Das ist für sie zweifelsohne angenehmer als Knast. An den Verhältnissen in Kuba ändert sich dadurch nichts.
Es ist eine versöhnliche Geste Castros, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Deprimierende ist nur: Es ist keine Geste an das eigene Volk – oder an jenen Teil davon (wie groß dieser auch immer sein mag), der von der Regierung Castro nichts mehr wissen will. Es ist eine Geste Richtung Frankreich.
Eine Parallele zu dem, was in der kubanischen Wirtschaft passiert: Die Revolution bietet heute ausländischen Investoren beste Kapitalverwertungsbedingungen, aber kubanische Schwarzmarkthändler verfolgt sie noch immer als gefährliche Keimzellen des Kapitalismus. Mit der Freilassung der Regimegegner macht Castro den Mächtigen im Ausland politische Zugeständnisse. Nicht aber den Kubanern selbst. Bert Hoffmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen