■ Cash & Crash: Nichts dazugelernt
Versäumnisse rächen sich immer, und die Strafe fällt dann zumeist um so härter aus. Spätestens am Freitag abend, wenn das EG-Gipfeltreffen zu Ende geht, werden die Staats- und Regierungschefs wieder unbeschwert in hunderte von Fernsehkameras lächeln, als wäre nichts gewesen. Die europäische Währungskrise, die so deutlich die Schimäre von den sich im ökonomischen Gleichklang entwickelnden Volkswirtschaften widerlegt hat, steht in Birmingham jedenfalls nicht mehr zur Debatte. Alles in Ordnung, schließlich lieferte das System der festen Wechselkurse einigen Regierungen jahrelang das Instrumentarium, um jene ökonomische Stabilität vorzugaukeln, die längst nicht mehr vorhanden ist. Also Augen zu, und Europa kann unter seinem Kartenhaus weiter von der Illusion leben.
Allein 92 Milliarden Mark mußte die Deutsche Bundesbank im September zur Stützung von Pfund, Lira und Franc auf den Devisenmarkt werfen. Doch die Korrektur der Wechselkursverzerrungen ist damit längst nicht abgeschlossen, hat sich doch bei den jüngsten Währungsturbulenzen gezeigt, wie wenig Macht selbst die Notenbanken im Ernstfall über ihr Geld haben. Daß die Staats- und Regierungschefs so tun, als sei die EWS-Krise bereinigt, dürfte die rechenbegabten Devisenhändler und Spekulanten mächtig beeindrucken: Sie werden bei der nächsten Gelegenheit wieder zum Angriff auf einen der potentiellen Abwertungskandidaten blasen.
Wer dann die Schuld trägt, ist bereits ausgemacht. Erraten, es ist die Deutsche Bundesbank. Mit ihrer restriktiven Geldpolitik lockt sie anlagesuchendes Kapital nach Deutschland — nicht zuletzt, um die großzügige Ost-Alimentierung zu finanzieren. Die anderen EG-Staaten stöhnen seit langem über die deutsche Hochzinspolitik, die sie immer mehr für die Rezession in ihren Ländern an den Pranger stellen. Die Kellerkinder des Europäischen Währungssystems (EWS), die Briten, Italiener, Spanier und Iren, müssen ihre Mitgliedschaft mit einem rigiden Austeritätsprogramm bezahlen — sie können nichts weniger brauchen als hohe Zinsen.
Daß auch die Wechselkurse nicht mehr zu halten sind, wenn die Zinsen einmal auseinanderlaufen, wissen auch die Staats- und Regierungchefs. Die D-Mark würde dadurch weiter unaufhaltsam aufwärts streben. Sind die 18 Bremser aus der Frankfurter Bundesbankzentrale nicht zu einer weiteren Zinssenkung bereit, bleiben die Spannungen im Wechselkursgefüge weiter programmiert. Ein Zinsgeschenk wird die Bundesbank den Staats- und Regierungschefs bei ihrer Sitzung am Donnerstag aber wohl kaum unterbreiten. Erwin Single
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